Friedrich Benesch, Nationalsozialist, Priester und Anthroposoph

Eine zwielichtige Person
2007 wurde im Rahmen der inzwischen nicht mehr bestehenden Website Egoisten.de und einer Kooperation mit Frau Dr. Regina Reinsperger deutlich, dass der im anthroposophischen Kontext bedeutende Theologe, Priesterausbilder, Publizist und Priester der Christengemeinschaft Friedrich Benesch nationalsozialistisch involviert gewesen ist. Bei einer Persönlichkeit, die in den 70ern und 80ern des letzten Jahrhunderts gerade auf junge Menschen begeisternd wirkte, und zwar als der Ausdruck von Integrität schlechthin, als Priester und persönlicher spiritueller Lehrer, wirkten diese Erkenntnisse schockierend. Über seine nationalsozialistische Vergangenheit war zumindest der Öffentlichkeit nichts bekannt. Ob der forschend, lehrend und publizierend tätige Benesch wenigstens der Lenkung der Christengemeinschaft bei seinem Eintritt 1947 entsprechende Erklärungen über seine Vergangenheit abgegeben hat, war dagegen zunächst nicht bekannt. In diesem vorliegenden Beitrag werden einige meiner damaligen Untersuchungen und Überlegungen neu zusammen gestellt- ebenso wie aus einem Aufsatz von Dr. Regina Reinsperger zitiert wird. Das früher in viele Teile zerlegte Dossier wird aufgearbeitet und punktuell wieder hergestellt, aber - mit fast einem Jahrzehnt Abstand- auch neu bewertet.

Kurt Brotbeck (1) sprach wohl für viele, als er zwei für die damalige anthroposophische Gegenwart bedeutende Vorträge Beneschs, in denen dieser die Entwicklung ganzer Generationen, deren angebliche Eigenheiten und Gestimmtheiten, beschrieb, in typischem Anthro- Speech äußerte: "Manches klarstellend sind zwei Vorträge, die Friedrich Benesch über die vier Generationen unseres Jahrhunderts 1984 gehalten hat. Die menschliche Wärme, vereint mit einer granitenen Gedankenklarheit, haben uns in allen Vorträgen und Schriften Beneschs immer tief beeindruckt.” Wem konnte man schon zutrauen, die innere Gestimmtheit mehrerer Generationen in treffende Worte fassen zu können- vor allem in „granitener Klarheit“? Beneschs christologische und wissenschaftliche Arbeiten schienen aus der Sicht der 90er Jahre und Anfang des neuen Jahrhunderts nicht nur untadelig, von hoher Qualität, mit wissenschaftlichen, aber auch spirituellen Bezügen versehen zu sein- sie waren auch Bestseller. (6)

Erst 2004, 13 Jahre nach dem Tod Beneschs (1907 - 1991) ergaben „Untersuchungen des Historikers Johann Böhm, eines Schülers von Benesch 1941/42 in Siebenbürgen, in der von ihm herausgegebenen Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte (16 Jg., Heft 1),” (2) „ein überraschend aufgetauchtes unbekanntes Kapitel nationalsozialistischer Verirrung in der Biographie Friedrich Beneschs”:

"Nach Kennenlernen der Anthroposophie während seines naturwissenschaftlichen Studiums ab 1925 in Marburg und Halle er sich ab 1931 als Kreisjugendführer in der nationalsozialistischen «Erneuerungsbewegung» in Sächsisch-Regen betätigt. Er heiratete 1934 die Tochter seines Professors in Halle, der zugleich stellvertretender Gaukulturwart und Schulungsleiter für Rassenkunde sowie Leiter des NS-Museums war.“ Benesch wurde nach seinem Theologiestudium 1933/34 Pfarrer in Siebenbürgen und 1936 dort wegen seiner nationalsozialistischen Aufwieglertätigkeit vom kirchlichen Oberdisziplinargericht seines Amtes enthoben. Er setzte dann sein Studium in Halle fort und trat im Juli 1939 hier in die Waffen-SS (dazu s.u.) ein. Nach Anschluß Nord-Siebenbürgens an Ungarn wurde er in Sächsisch-Regen zum Kreisleiter ernannt, avancierte erneut zum Pfarreramt und leitete 1944 den Flüchtlingszug des Dorfes Birk gen Westen. Ein biografischer Überblick findet sich bei anthrowiki. (3)

Nach dem Krieg 1947 zum Pfarrer der Christengemeinschaft geweiht und als Seminarleiter lange Jahrzehnte als Theologe, Naturforscher und Redner tätig, hatte Benesch nicht über seine nationalsozialistische Vergangenheit gesprochen oder geschrieben. Auch seine nächste Umgebung und Pfarrerkollegen ahnten angeblich davon nichts. Seitens der Christengemeinschaft wurden die von Böhm genannten Quellen im Bundesarchiv Koblenz überprüft und als richtig bestätigt. Benesch sagte einmal: «Denn die wirkliche Wahrheit ist nicht die Wahrheit, sondern der überwundene Irrtum». Er hat nur leider nicht davon berichtet.

War die Biografie Hans-Werner Schroeders (4), die 2007 erschien, noch in Bezug auf die nationalsozialistische Vergangenheit Beneschs geschönt, hat sich die Rezeption inzwischen in Richtung Transparenz verändert: „Friedrich Benesch (1907-1991) hat in der Christengemeinschaft eine bedeutende Rolle gespielt – als langjähriger Leiter des Stuttgarter Priesterseminars und als weltweit gesuchter Vortragsredner. Bevor er 1947 zum Priester geweiht wurde, hat er sich als evangelischer Pastor in Siebenbürgen als begeisterter Nationalsozialist betätigt. Vor einer eventuellen Priesterweihe hat jeder Kandidat den Pfarrern der Christengemeinschaft sein bisheriges Leben zu schildern. In Beneschs Lebenslauf steht von seiner politisch exponierten Tätigkeit nichts. Ob er dem damaligen Leiter der Christengemeinschaft, Emil Bock, unter dem Siegel der Vertraulichkeit davon berichtet hat, ist nicht überliefert; mit Sicherheit aber nicht so vollständig und wahrheitsgetreu, dass z. B. sein mehrfacher Versuch, in die SS aufgenommen zu werden, bekannt geworden wäre. (..) Benesch – dem auch in späteren Jahren herrisches und zugleich unbeherrschtes Verhalten von mancher Seite vorgeworfen wurde – war sicherlich nach dem Kriege kein Neonazi. Aber dass er sich früher fanatisch und glühend zum Nationalsozialismus bekannt und dies später verborgen hat, stellt die Leitung der Christengemeinschaft vor Fragen, die wohl nach seinem Tode nicht mehr gelöst werden können.

Die Christengemeinschaft will in ihren Gemeinden keine politische Agitation dulden. Sie hat sich stets für die Gleichbehandlung und gleiche Wertschätzung aller Menschen eingesetzt. Nationalismus und Rassismus haben in ihr keinen Platz. Dies gehört zu den Gründen für die Unterdrückung, die sie von 1934 an in Deutschland erfuhr, und die 1941 in dem Verbot und der Inhaftierung ihrer Mitarbeiter gipfelte. Auch die Juden wurden – in klarer Einschätzung des Risikos – nicht von den Altären verwiesen.

Die Aufarbeitung einer Biographie hat nichts damit zu tun, über einen irrenden Menschen zu Gericht zu sitzen. Aber die Leitung der Christengemeinschaft betrachtet es zumindest als Missgeschick, dass ein Mitarbeiter in ihren Kreis aufgenommen wurde, bevor die Leitung und die Priesterschaft wissen konnten, welche persönliche Vergangenheit er mitbrachte.

Hannover, 3. Januar 2009
Frank Hörtreiter
Öffentlichkeitsbeauftragter der Christengemeinschaft“ (5)


Selbstdarstellung Beneschs


In der Zeitschrift der Christengemeinschaft hat Benesch 1947 - nachdem er mit Teilen des Dorfs und Gefolge, dem ihm ergebenen Personal und der Familie nach Baden— Württemberg gekommen war- eine Selbstdarstellung (7) gegeben, die seiner eigenen Legende diente- u.a. auch die Tatsache verdrehte, dass einer wie er, der mit Schlägertrupps den eigenen kirchlichen Vorgesetzten attackiert, als nationalsozialistischer Statthalter und Verwalter gedient hatte und damit zumindest gewusst haben muss von Vertreibung und Ermordung hunderttausender Juden in seiner siebenbürgischen Wahlheimat, in der evangelischen Kirche nicht mehr willkommen war. Sehr wohl aber in der Christengemeinschaft:

Es war kurz vor Abitur, als mein Onkel Michael Weiß, ein einfacher Bauer in der unteren Vorstadt in Bistritz, mir in dem breiten Dialekt meiner Siebenbürgischen Heimat während einer lebhaften Diskussion über Berufsaussichten zurief: ",Wier dau Farra" (Werde du Pfarrer). Dieser Ausspruch erregte hellen Protest in meiner Seele. Niemals wollte ich Pfarrer werden. Was konnte man im 20. Jahrhundert noch mit dem im Grunde doch abgetanen Christentum anfangen? Die Naturwissenschaft stand im Mittelpunkt des Interesses jenes kleinen Kreises von Mittelschülern, der sich auf unserem deutschen Gymnasium gebildet hatte. Wir lasen Nietzsche und Weininger, lasen die Naturphilosophen von Schelling bis Mach und waren uns alle darin einig, dass die Beschäftigung mit den Naturwissenschaften die Menschheit dazu führen würde, alle Rätsel des Lebens im Laufe der Zeit zu lösen.
Als Beruf gab es eigentlich für mich nur den des Arztes oder des Lehrers, denn Helfen und Heilen, Erkennen und Lehren, das waren die Ideale, die uns damals bewegten. Voll der schönsten Hoffnungen kam ich im April 1925 nach Deutschland, um das heiß ersehnte Studium an einer deutschen Universität beginnen zu können. Aber bereits die ersten zwei Jahre an der Universität Marburg genügten, um die Erwartungen in tiefe Enttäuschung zu verwandeln. 

Die Naturwissenschaften: man fühlte deutlich, es ist ein ungeheures Gebiet, in das man sich langsam und systematisch hineinarbeiten muss. Eine Fülle von Einzeltatsachen ist vorhanden, die zu verarbeiten viele Jahre erfordert. Man sah sich um nach Menschen, die imstande wären, die Fülle von Einzeltatsachen zu umfassender, durchdringender und erklärender Schau zu vereinigen. Wo waren diese Männer? Man suchte auf den Universitäten unter den Fachwissenschaftlern. Aber überall da, wo die eigentlichen Antworten erwartet werden mussten, standen die großen Fragezeichen oder öder Materialismus. Zum Schicksal wurde mir, dass für das naturwissenschaftliche Studium als Nebenfach auch Theologie vorgeschrieben war, wenn man das Lehramt an den siebenbürgischen Schulen anstrebte. Die Theologie trat ja mit dem Anspruch auf, über die letzten Fragen Auskunft zu geben. Aber wo waren die großen Theologen? Bultmann und Heiler, Heim und Gogarten, alle versuchten mit den geistigen Problemen des Christentums in der einen wie der anderen Art fertig zu werden. Aber nun klaffte der große Riss gegenüber der Naturwissenschaft.- Wo war die Brücke? War die ganze Antwort der Theologie nur diese, dass für die menschliche Erkenntnis auf wissenschaftlichem Wege die letzten Fragen verschlossen bleiben und sich nur einem im Glauben vollzogenen inneren Akte öffnen können?

Mitten hinein in diese Spannungen fiel die Begegnung mit einem Menschen, durch den ich die ersten Nachrichten von der anthroposophischen Bewegung erhielt. Man konnte unmittelbar den Eindruck haben, dass hier etwas am Werke sei, was vielleicht den quälenden Abgrund zu überbrücken imstande wäre. Aber diese Ahnung musste erst an allen Einzelheiten der Naturwissenschaft wie der geistigen, insbesondere theologischen Disziplinen erwiesen werden; und so blieb nichts anderes übrig, als zunächst das Studium der Naturwissenschaft gründlich durchzuführen; So ging ich denn nach zwei Jahren an die Universität Klausenburg, und es folgte ein intensives Arbeiten als Assistent am zoologischen Institut, das mich mit den neuesten biologischen Problemen bekannt machte. Ich erkannte immer deutlicher, dass in dem, was Rudolf Steiner in der Weiterführung der naturwissenschaftlichen Schriften Goethes gab, die Möglichkeit vorhanden sei, , alle offenen Fragen der Biologie in positiver Weise zu lösen. Das bestätigte sich mir insbesondere an Stammbaumforschungen innerhalb der Egelwürmer-Gruppe. Aber auch die andere Seite musste mit derselben Exaktheit durchgearbeitet werden, und so entschloss ich mich denn, nach dem Staatsexamen in den Naturwissenschaften noch einmal Student zu werden und führte in den Jahren 1932-1934 das theologische Studium zu Ende. Auch das tat ich immer im Zusammenhang mit dem Studium der Anthroposophie, und auch hier zeigte sich bis in alle Einzelheiten hinein, mit welcher überlegenen Sicherheit die geisteswissenschaftliche Erkenntnis die Fragen der Bibelexegese und Christologie, der Kirchengeschichte und Dogmatik zu lösen imstande ist. Die Universitätslaufbahn, die sich mir am Ende dieses Studiums in Halle eröffnete, schlug.ich aus. Ich wollte nach Siebenbürgen zurückkehren, um das Erarbeitete in das praktische Leben meiner Heimat hineinzutragen.

Am 12. September 1934 zog ich mit meiner jungen Frau als Pfarrer in das nordsiebenbürgische Dorf Birk bei Sächsisch- Regen ein.(Der alte Bauernonkel hatte richtig gesehen.) Das Flusstal, aus den Bergen kommend, öffnet sich hier zum ersten Male zu einer breiten Aue, an deren Rand das Dorf unter den Weinbergen am Flusse liegt. Eine einzige lange breite Dorfstraße, zu beiden Seiten große Ziehbrunnen, die Bauernhäuser im fränkischen Stil, mit den Giebeln nach der Straße, in der Mitte des Dorfes die Kirche, das Schulgebäude und das behagliche Pfarrhaus mit hohen Tannen und Kastanien. Es war schon !eigentümlich, wie mitten in das 20. Jahrhundert hinein im siebenbürgischen Deutschtum etwas erhalten geblieben war von einer Seelenstimmung, die im Westen unter den Einwirkungen der technischen Zivilisation längst unterging. Das Leben dieser Bauern war noch getragen von den Kräften dörflicher Volksgemeinschaft, von dem gesunden alten Brauchtum, das sich am stärksten in der Tracht zum Ausdruck brachte. Im Mittelpunkt des Gemeinschaftslebens stand die deutsche Schule und die deutsche Kirche. Für ihre Erhaltung wurde jedes Opfer gebracht. Unter der Beteiligung des ganzen Dorfes fanden Schulfest und jährliche Schulprüfungen statt. Aus den Reihen der Bauern wurde das Presbyterium gewählt, dem die Sorge um die Erhaltung dieser Kulturgüter anvertraut war. Die Konfirmierten und festlich aus der Schule Entlassenen kamen in die Bruder- und Schwesternschaften, in denen ein intensives Gemeinschaftsleben gepflegt wurde.

Alle Veranstaltungen, der sonntägliche Tanz, der Kirchgang, die Fortbildungsschule und auch die Wanderungen der jungen Menschen waren noch von alten starken Ordnungen unter der Führung von Lehrer und Pfarrer getragen, und es gehörte zu den eindrucksvollsten Bildern, wenn die Schulkinder in der Christmette um; die sechs brennenden Lichterbäume versammelt den alten Quempas sangen,  oder wenn zu Pfingsten die Burschen das ganze Dorf mit Maien schmückten und nach dem Kirchgang in ihren wunderschönen Trachten zum Maientanz zogen. Verlobung und Hochzeit, Schwangerschaft, Geburt, Taufe, Einsegnung der jungen Mütter, alles hatte seinen althergebrachten geregelten Gang. Und wenn es dann zum Sterben kam, da kam der Nachbar und holte den Pfarrer, und das ganze Dorf nahm Anteil, wenn der Kelch vom Pfarrhaus in feierlichem Gange an das Bett des Todkranken getragen wurde.
Mitten in diese Welt hinein war ich nun gestellt- mit dem, was ich an Erkenntnissen aus dem 20. Jahrhundert und an Arbeiten aus der Geisteswissenschaft heraus gewonnen hatte. Es war eigentümlich genug zu beobachten, wie diese einfachen Bauern zwar gern die Früchte dieser Arbeit aufnahmen, aber ihrer ganzen Seelenhaltung nach nicht imstande waren, selber mitarbeitend daran teilzunehmen.

Mitten in dieses Leben hinein schlugen die Wellen der Ereignisse, die sich in den Jahren nach 1933 in Deutschland abspielten. Vor allem der Gedanke der Volksgemeinschaft, der durch Rundfunk und Presse und auch durch Redner an die Volksdeutschen herankam, schien auf die eigenen Lebensverhältnisse aufzutreffen und bewegte die gutgläubigen Gemüter. Um so furchtbarer musste der Zusammenbruch der Jahre 1944-1945 gerade die Volksdeutschen treffen. Die ganze Seelenhaltung, in der noch so viel altes Volkstum lebte, war ja eigentlich ein Anachronismus und musste von den schicksalsharten Ereignissen um so härter getroffen werden. Bereits im Herbst 1944 drangen die Russen in Siebenbürgen ein und sprengten den kleinen deutschen Volksstamm in zwei Teile auseinander. Die Bevölkerung des Nordens verließ die Heimat,und zog in einem ungeheuren Treck den weiten Weg aus den siebenbürgischen Bergen über die ungarische Tiefebene nach Deutschland. Damit war die äußere Bindung, die für mich in der Zusammenarbeit mit den Menschen meiner Heimat bestand, gelöst. Das Schicksal hatte gesprochen, die Gemeinschaft zerstört und die Menschen zur Erfahrung ihres persönlichen Einzelschicksals geführt. Jetzt mussten sie erleben, dass die Lebensgestaltung nicht mehr aus dem Blute möglich ist, sondern von dem einzelnen Menschen im persönlichen Umgang mit dein Geiste gesucht und gefunden werden muss. Erschütternd ist es, zu erleben, wie nun diejenigen unter diesen Menschen, deren Schicksale sie zu Begegnungen mit unserer Bewegung geführt haben, gerade aus ihrer eigenartigen, beweglichen und anpassungsfähigen Seelenhaftigkeit heraus unmittelbare Zugangsmöglichkeiten zu der Welt des Geistes finden.

Es war für mich selbst von besonderer Bedeutung, dass ich in den Jahren 1945-1947 noch eine andere Seite des Protestantismus kennen lernen konnte, und zwar die kirchlichen Verhältnisse im mitteldeutschen Industriegebiet. Ich kam als evangelischer Pfarrer in eine aus 7 Dörfern bestehende Pfarrgemeinde im Kreise Merseburg.

Die Bevölkerung, mit der ich es hier zu tun hatte, war genau das Gegenteil von dem, was ich in meiner Heimat erlebt hatte. Die vollständige Entwurzelung des Industriearbeiters, der Egoismus des Stadtrandbauern und die Seelenlosigkeit des Intellektuellen und Halbgebildeten begegnete mir hier in der Zeit des Zusammenbruchs in erschreckendem Ausmaß. Ich versuchte auch hier, ein erneuertes, geistdurchdrungenes religiöses Leben an die Menschen heranzubringen, und es zeigte sich, dass die Bevölkerung des Industriegebietes ganz andere Möglichkeiten hatte, den Unterschied zwischen einer herkömmlichen kirchlichen Tätigkeit und einer solchen, wie ich sie aus der Anthroposophie heraus versuchte, wahrzunehmen.

In zwei Jahren bildete sich bereits ein kleiner Kreis von Menschen, die von sich aus kamen und fragten, wo das Neue und nach ihrem eigenen Empfinden Tiefere herstamme, das sie in meiner Arbeit empfanden. Mehr und mehr wurde mir klar, dass es nicht mehr richtig sei, die Erneuerung des Christentums durch die kirchlichen Gegebenheiten beschränken zu lassen. Die evangelische Kirche verschliesst sich ja immer eindeutiger gegen die Möglichkeit einer wirklichen Erneuerung, wie sie insbesondere durch den erneuerten Sakramentalismus gegeben ist. Was in der jahrzehntelangen Beschäftigung mit der Geisteswissenschaft in mir selber gereift war, suchte jetzt nach einer Wirksamkeit, die ihm angemessen war. Es war mit dem Wissen um diese Dinge innerhalb der sich mehr und mehr verengenden kirchlichen Verhältnisse nicht mehr auszuhalten, und so entschloss ich mich zur Mitarbeit in der Christengemeinschaft.“


Eine andere Selbstdarstellung Beneschs

Im Rahmen seiner Dissertation 1941 - zur Erlangung eines Doktorgrades der Philosophischen Fakultät der Martin- Luther- Universität Halle (8)- hat Benesch eine durchaus anders gelagerte biografische Skizze gegeben, die seine sehr frühe Orientierung (1928) zum Nationalsozialismus zeigt, aber auch die geringe Relevanz des kirchlich - religiösen Rahmens, der für ihn vor allem als Karriere- Vehikel diente:

Ich, Friedrich Benesch, wurde am 6. Juli 1907 als erstes von fünf Kindern des Mittelschulprofessors Georg Benesch in Sächsisch-Regen, Siebenbürgen, heute Ungarn, geboren. Nach Besuch von deutschen Schulen in Siebenbürgen studierte ich an der Universität in Marburg (Lahn) mit der Absicht, die Laufbahn als Mittelschulprofessor in Siebenbürgen mit naturwissenschaftlichen Fächern einzuschlagen. Da die deutschen Schulen in Siebenbürgen konfessionell sind, wurde mir auch das Mitbelegen theologischer Fächer vorgeschrieben. In Marburg lernte ich Professor Hahne kennen und folgte ihm für das W.S. 1926-27 und das S.S. 1937 nach Halle, wo ich Vorgeschichte, Rassenkunde, Naturwissenschaften und Theologie studierte. Daneben arbeitete ich an der Landesanstalt für Volkheitskunde. Meine Tätigkeit in Halle weckte mein Interesse für die Vorgeschichte, ich wollte jedoch nicht mehr umsatteln und ging im Herbst 1927 nach Klausenburg, Rumänien, um mich für das Examen vorzubereiten.

    Seit 1928 war ich Mitglied der nationalsozialistischen Erneuerungsbewegung der Deutschen in Rumänien. Da in meiner Heimat die Kirche im Mittelpunkt des völkischen Lebens steht und ich erkannt hatte, daß dort die Erneuerung am nötigsten ist, beschloß ich, in kirchliche Dienste zu treten.
    Ich studierte zu diesem Zwecke 1932-34 wieder in Marburg und bestand im April 1934 in Hermannstadt, Siebenbürgen, das theologische Examen mit allgemeiner Auszeichnung. Im September 1939 wurde ich Pfarrer in Birk bei Sächsisch-Regen. Hier versuchte ich das religiöse, völkische und wirtschaftliche Leben zu erneuern. Die weltanschaulichen Auseinandersetzungen brachten mich jedoch in Gegensatz zu der Leitung der Kirche. Ich ging daher 1938-39 wieder nach Halle, um mich bei Professor Schulz für mein Doktorexamen mit Vorgeschichte als 
Hauptfach vorzubereiten und arbeitete gleichzeitig an der Landesanstalt für Volkheitskunde.“


„An meiner nationalsozialistischen Weltanschauung hat sich nicht das Geringste geändert… Sieg Heil!“


Als weiteren Schritt der Untersuchung nehmen wir weitere Quellen hinzu- nämlich als Zeitzeugen den Vorgesetzten Beneschs, den Bischof der Evangelischen Landeskirche, Viktor Glondys, dessen Tagebuch (9) 1997 veröffentlicht worden war.

Nach seinem Eintritt in die Waffen-SS 1939 kehrte der evangelische Pfarrer Friedrich Benesch kurzfristig nach Siebenbürgen zurück, um seine - dem Anschein nach seelsorgerische, in Wirklichkeit propagandistische Tätigkeit - bei „seinen Bauern“ wieder aufzunehmen. Benesch war bereits seit 1935 Mitglied der „radikal nazistischen DVR“ (9) und als nationalsozialistischer Propagandist in dauernde Auseinandersetzungen mit der Kirchenleitung, insbesondere mit dem Bischof der Evangelischen Landeskirche A.B. in Rumänien, Dr. Viktor Glondys, verwickelt. Die DVR- Leute gehörten, wie Glondys in seinem Tagebuch schreibt, der Cuza-Partei an, einer antisemitischen Splitterpartei. Sie traten öffentlich in blauen Hemden auf und sangen das Horst-Wessel-Lied. Benesch selbst übte, während seit 1936 kirchliche Disziplinarverfahren auch gegen ihn liefen, in seiner Gemeinde in Birk (Kreis Sächsisch Regen) „eine autoritäre Herrschaft“ (10) aus. Gleichzeitig führte er eine aggressive Kampagne gegen seine eigene Landeskirche, um eine „neue Kirche“ (11) im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung zu etablieren.

Daher wurde er auch 1940 anerkennend in internen Schreiben von dem Direktor der Landesanstalt für Volksheilkunde -Dr. Walther Schulz- an den Reichsgeschäftsführer des Ahnenerbes als jemand beschrieben, der „wohl nicht gerade an der Theologie hängt“, der „führend in der jetzt auch vom Reich anerkannten Nationalsozialistischen Bonfertbewegung“, der „rednerisch sehr gut begabt“ sei- „Kämpfernatur und Führereigenschaft“ (12). Daher kam die Gemeinde in Birk tatsächlich nie zur Ruhe, solange Benesch in der Nähe war. Der Bischof konstatiert in seinem Tagebuch (18.1.1937): „Birk befindet sich wieder in vollem Aufruhr“ (13). Der „amtsenthobene Pfarrer Benesch (halte) das Heft in Birk wieder in seinen Händen“ (14). Die faschistische DVR mit Benesch „unterwühle den ganzen Reener Bezirk“ (15).

Um gewalttätige Saalschlachten wie anderswo zu unterbinden, war ein öffentliches Treffen bzgl erneuter disziplinarischer Maßnahmen der Kirche gegen Benesch nur unter erheblichen Sicherheitsmaßnahmen wie Saalschutz und Polizeiaufgebot möglich. Theologisch erschienen Beneschs Kenntnisse der Kirchenleitung als „sehr mangelhafte“ (16). Dafür konnte er jederzeit lokale Schlägertrupps organisieren, die er später gern als „seine Bauern“ titulierte. Die Vorwürfe seiner Kircheoberen gegen Benesch bestanden schon 1936 in den Punkten: Erregung öffentlichen Ärgernisses, Verletzung der Amtspflichten und Widersetzlichkeit gegen das Landeskonsistorium. Benesch antwortete darauf schriftlich am 3.11.1936: „So gehen wir in den Kampf. Wir haben ihn nicht gesucht, aber wir nehmen ihn getrosten Mutes auf (..). Sieg-Heil!“ (17)

Benesch, in seinem Kampf gegen die „reaktionäre Kirchenleitung“ (18) zunächst gescheitert, bekam spätestens 1940 mit der Ernennung Andreas Schmidts zum „neuen Volksgruppenführer der Deutschen in Rumänien durch die SS-Zentrale in Berlin“ (19) wieder Oberwasser. Der neue Bischof Staedel war stramm auf Parteilinie. Benesch wird heute von Böhm als „weithin völkisch-rassistisch umgeprägter und sich artikulierender extremer Nationalsozialist“ (20) beschrieben.

Warum sich Benesch trotz dieses Erfolges am 6.9.1940 wieder in SS-Kreisen in Halle vorstellte, ist mir nicht bekannt. Es besteht aber eine Abschrift seiner Äußerungen bzgl. einer „Vorsprache“ (21) beim stellvertretenden Führer des SS-Abschnitts XVIII. Benesch entschuldigt dabei seine theologischen Ambitionen damit, „weil in meiner Heimat bis vor kurzem Deutschtum und Kirche seit Jahrhunderten fest miteinander verbunden und in jeder Weise von einander abhängig waren“ (21). Die Kirche in Rumänien war für ihn die „einzig staatsrechtlich fundierte Organisation des Deutschtums“ (21). So gab er bereits bei seiner „Amtseinsetzung“ gegenüber der Kirchenbehörde „bestimmte Erklärungen über meine nationalsozialistische Einstellung ab“ (21), was von Anfang an zu „schweren Bedenken“ gegenüber Benesch geführt hatte. Bischof Glondys selbst habe ihm vorgeworfen, „germanisches Heidentum“ zu predigen. Nur aus strategischen Gründen habe er einen Kirchenaustritt mitsamt der Aktivisten seiner Gemeinde vermieden. Nach seiner endgültigen Absetzung habe er in Halle „Vorgeschichte, Rassenkunde und Volkskunde“ (21) studiert. 1940 habe sich seine Gemeinde erneut für seine Wiedereinsetzung („in einem „Ultimatum“) eingesetzt. Nun gab die Kirche „überraschenderweise“, aber schon („wie ich annehme“) „angesichts der geschichtlichen Entwicklung“ (Zitate 21) verständlich, nach. Die „geschichtliche Entwicklung“ bestand für Benesch wohl in der Installation von Schmidt. Benesch aber hatte sich inzwischen „restlos von der Kirche getrennt und war in Halle im Juli 1939 der SS beigetreten“. Nach seiner eigenen Darstellung war er also von Anfang an nationalsozialistischer Propagandist gewesen und betrieb seine kirchliche Berufung aus reinem Kalkül. Der Beitritt in die Waffen-SS war der konsequente Schritt einer kontinuierlichen Entwicklung und sollte nun -1940- endlich Früchte tragen.

Daher stand er mit dem „Nachgeben der Kirche“ 1940 vor einer „sehr schwerwiegenden Entscheidung“. Er entschied sich gegen „seine Bauern“ (er schreibt wirklich und wortwörtlich von „meinen Bauern“) und für „eine grosse nationalsozialistische Aufgabe“. Dies empfand er als seine wirkliche „Berufung“. Er suchte eine „fundierte Organisationsform“, die das „völkische Leben unabhängig von der Kirche“ garantierte. Die SS war sicherlich die für ihn geeignetste Organisationsform, um den rumänischen Staat von innen her anzugreifen. Die vorübergehende erneute Tätigkeit in Kirchendienst habe an seiner „durch eigene Erkenntnis und Erfahrung und eigenen Glauben gewonnenen nationalsozialistischen Weltanschauung nicht das Geringste geändert“. Man muss, nebenbei bemerkt, für einen wenige Jahre später als Pfarrer und Ausbilder der „Christengemeinschaft“ tätigen Menschen den in diesem Zusammenhang von Benesch benutzten Glaubensbegriff beachten. Er hat ein antiklerikales, inhumanes, rassistisches Credo als nationalsozialistischer Propagandist abgegeben. Es war, wie er sagt, „meine Entscheidung“.

Kein Wunder, dass die SS Leute wie Blümel, der das Protokoll dieser Vorsprache führte, beeindruckt waren: „Seine weltanschauliche Einstellung scheint vollkommen gefestigt zu sein. Sein Entschluss entspringt logischen, auf Grund der gegebenen Verhältnisse gewonnenen Erkenntnissen“.

Nach 1945 waren die „gegebenen Verhältnisse“ wiederum andere. Der Opportunist Benesch wechselte wieder die Farben und erinnerte sich seiner anthroposophischen Beziehungen. So wechselte er wiederum auch die „weltanschauliche Einstellung“ und wurde - obwohl die religiöse Bindung nach seinem Bekenntnis für ihn nicht bindend war, sondern die nationalsozialistische Weltanschauung- wieder Priester und Anthroposoph- peinlich, dass er nun nicht mehr Hitlers Herrschaft anpries, sondern „Christus in der Gegenwart“ (22).

Birk


In der Selbstdarstellung Friedrich Beneschs (7) aus dem Jahr 1948 wird das Bauerntum seiner Herkunft sowohl als auch das seiner Wirkensstätte im siebenbürgischen Dorf Birk der Jahre 1936-1940 von ihm romantisiert dargestellt.

In Bezug auf sich selbst schreibt er von seinem Onkel, der ein „einfacher Bauer“ gewesen sei, der mit dem „breiten Dialekt meiner Siebenbürgischen Heimat“ gesprochen habe. Unmittelbar nach Abschluss seines Theologie-Studiums 1934 „zog ich mit meiner jungen Frau als Pfarrer in das nordsiebenbürgische Dorf Birk bei Sächsisch- Regen ein.“ Benesch schwärmt von der Landschaft und der „Seelenstimmung“, die sich dadurch auszeichnete, dass „mitten in das 20. Jahrhundert hinein im siebenbürgischen Deutschtum“ erhalten geblieben wäre, das sich gegen die Auswirkungen der „technischen Zivilisation“ wehrte- ein Momentum, das sich gut gegenüber dem traditionell techno- phobischen anthroposophischen Publikum machte: „Das Leben dieser Bauern war noch getragen von den Kräften dörflicher Volksgemeinschaft, von dem gesunden alten Brauchtum, das sich am stärksten in der Tracht zum Ausdruck brachte. Im Mittelpunkt des Gemeinschaftslebens stand die deutsche Schule und die deutsche Kirche. Für ihre Erhaltung wurde jedes Opfer gebracht. Unter der Beteiligung des ganzen Dorfes fanden Schulfest und jährliche Schulprüfungen statt. Aus den Reihen der Bauern wurde das Presbyterium gewählt, dem die Sorge um die Erhaltung dieser Kulturgüter anvertraut war. Die Konfirmierten und festlich aus der Schule Entlassenen kamen in die Bruder- und Schwesternschaften, in denen ein intensives Gemeinschaftsleben gepflegt wurde.“ (7) Das ganze Leben war „noch von alten starken Ordnungen unter der Führung von Lehrer und Pfarrer getragen“ (7)- nicht nur, muss man sagen, denn Benesch war nach eigenem Bekunden bei „meinen Bauern“ von Anfang an tätig als nationalsozialistischer Aktivist von erheblichem Einfluss. „Diese einfachen Bauern“ waren zwar „ihrer ganzen Seelenhaltung nach nicht imstande“ (7) zu verstehen, was der junge Pfarrer eigentlich wollte, folgten ihm aber bedingungslos.

Diese Darstellung, in der Benesch auch fälschlich suggeriert, er habe damals schon aus dem Impuls der anthroposophischen „Geisteswissenschaft“ heraus gehandelt, wird aber von Zeitgenossen wie etwa Beneschs zuständigem Bischof Glondys ganz anders gesehen. Der junge evangelische Pfarrer hatte schließlich schon bei seinem Amtsantritt an seiner nationalsozialistischen Gesinnung keinerlei Zweifel gelassen. Bei disziplinarischen Maßnahmen gegen Benesch wurden die von diesem romantisierten Bauern als Schlägertrupps gefürchtet. Zum Teil rekrutierte Benesch seine prügelnden Einheiten aber auch aus den Kreisen seiner Schüler. Daher konstatiert der Bischof in seinem Tagebuch: „Birk befindet sich wieder in vollem Aufruhr“, Benesch halte „das Heft in Birk wieder in seinen Händen“ und „unterwühle den ganzen Reener Bezirk“ (9) Benesch hatte also das Dorf Birk und die anliegende Provinz im Griff- so vollkommen, dass das Auftreten des Bischofs in einer zerrissenen und innerlich gespaltenen Priesterschaft als mutig zu bezeichnen ist. Ab 1940 war ja auch tatsächlich ein Nachfolger installiert, der dann stramm nationalsozialistischen Kurs im Sinne von Benesch fuhr.

Zu dieser Zeit waren bis zu einem Drittel der Bevölkerung des weiteren Umkreises jüdischen Glaubens. Am Ende des Alptraums waren in ganz Rumänien 420000 Juden ermordet. In der Namensliste der Opfer der Shoah von Yad Vashem finden sich wenige Namen aus dem Dörfchen Birk (23). Wenn man gezielt danach sucht, findet sich z.B. ein gewisser Herr Nakhum, Vorname unbekannt. Sein Name ist nur erhalten in der Liste der Opfer, den „Yizkor books“, die auf Hebräisch in Tel Aviv gepflegt werden. In den politischen Wirren von 1939 wurden in der Region Bukovina und Nord-Moldawien bereits Hunderte von Juden von der Bevölkerung und in Pogromen der rumänischen Armee ermordet: „In all, about 420,000 Jews who had been living in Romania in 1939 died in the Holocaust. This includes those killed by the Romanian army, those who died in or on the way to Transnistria, the victims of pogroms, and the Jews of Hungarian-occupied Northern Transylvania who were murdered at Auschwitz. This number does not count those Jews living in the Soviet territory taken over by Romania during the war who also died during the Holocaust.“ (24) Ob das auch in Beneschs unmittelbarem Wirkungsumfeld geschah, ist unbekannt. Er jedenfalls trat genau in diesem Jahr dort in die Waffen-SS ein, und er war in einer Funktion - 1941 zumindest vorübergehend Kreisleiter des Kreises Sächsisch-Regen -ein örtlicher Ansprechpartner der SS, der ihn für die Vorbereitung von Deportationen prädestinierte. Er hatte auch die nötigen Handlanger unter seinem Befehl.

Aber auch wenn eine Mitschuld Beneschs an diesem Genozid nicht nachweisbar ist, zeigt sich zumindest seine Mitwirkung am ideologischen Ziel der „Abschaffung artfremder Gesittung“- so z.B. im „Arbeitsprogramm“ seiner ersten Dienstzeit - die zweite erfolgte nach seiner zeitweiligen Entlassung ab 1940- als Pfarrer der Ortschaft: „Folgendes Arbeitsprogramm entwarf Pfarrer Benesch 1934 bei seinem Amtsantritt:
„Die Gemeinde steht vor folgenden Aufgaben:
1. wirtschaftlich: Erhaltung der Mühle,
   Vermehrung der Einnahmen durch Arbeit am Pfarrgrund,
   Einbau eines Siebes in der Mühle,
   mindestens 90 % Einlauf der Kirchentaxe,
   Abzahlung der Schulden (2.250.000 Lei)
2. politisch: Aufrüttelung der Bauern aus dem Schlaf der Gleichgültigkeit.
   Anschluß der Gemeinde an die Erneuerungsbewegung.
3. moralisch/gesittungsmäßig: Abschaffung artfremder Gesittung (Zigeuner, Juden,
   städtische Tracht, fremde Tänze usw.)
4. lebensmäßig: Erzeugung eines neuen, freudigen, starken Lebensgefühls. Feste und Feiern.
5. blutsmäßig: Erzeugung von Stolz auf das eigene Blut und dessen Werte:
    Ordnung, Ehre, Sauberkeit, Geradheit.
6. Blut und Boden: Werdet bewusste Bauern! Erhaltet den Boden!
7. religiös: Locken und rufen – in Freiheit und Güte. Hilf Herr!“ (25)

Aus dem „Birker Heimatbuch“ sind sämtliche Gepflogenheiten der Zeit unter Benesch vermerkt- bis hin zur Anzahl von Vieh, das er besaß und der Blutwurst, die er aß. Als Eindruck, wie diese faschistische dörflich- klerikale Gemeinschaft unter seinem Regiment verlief, soll hier das organisierte Tanzen erwähnt werden: Um das Volkstanzen machten sich besonders Pfarrer Benesch, der letzte Birker Pfarrer vor der Flucht, und seine junge Frau, die aus Deutschland stammte, sehr verdient. Nicht nur das. Frau Benesch stand auch über viele Jahre den „Schwesternschaften“ vor, dem weiblichen Pendant zu den „Bruderschaften“. Die jungen Leute mussten nach der Konfirmation in diese Organisationen eintreten. Sie fanden dort auch die einzige Möglichkeit, sich gegenseitig in Singen und „anständigen“ Tanzveranstaltungen etwas näher zu kommen. Ansonsten nähte man für die Frontsoldaten. Mitglieder konnten selbstverständlich nur „Deutsche“ werden. Pfarrer und Lehrer (der Pfarrer war ja quasi dessen Vorgesetzter) kontrollierten alle Veranstaltungen. In der Kirche hatten alle feste Plätze, sortiert nach Alter und Geschlecht. Alle hatten in Tracht zu erscheinen. Alle Verstösse wurden strengstens geahndet. Ein solcher schwerer Verstoss war schon das einmalige Fehlen im Gottesdienst. Ganz gravierend war das Tanzen mit einem „fremdvölkischen“ Tanzpartner. Ein solches „sittenloses“ Verhalten hatte Ausschluss aus der Schwestern- oder Bruderschaft zur Folge. Ein auf solche Weise Geächteter durfte die Kirche nicht mehr betreten und an keiner einzigen geselligen Zusammenkunft der Gemeinde mehr teilnehmen. Er war total und auf Dauer isoliert. Die einzige Möglichkeit, aus der totalen Kontrolle zwischen Brauchtum, Faschismus und kirchlicher Oberherrschaft zu entkommen, war die Heirat. Für einen Geächteten aber war auch dieser Weg verbaut. Man musste sich Benesch und seinem Regime unterwerfen. Die Jugend - so wurde in der Dorfchronik vermerkt- ächzte unter dem Terror. Einen Ausweg aber gab es nicht.

War Benesch SS- Mitglied?


Frau Dr. Regina Reinsperger hat sich 2008 mit der genannten Frage beschäftigt und ihre folgenden Recherchen dazu auf meiner Website Egoisten.de (besteht nicht mehr) veröffentlicht:

Die Verwirrung, ob Friedrich Benesch der SS angehört hat oder nur SS – Bewerber war, löst das Dokument des „SS – Abschnitt XVIII – VIAz. 18a/6.9.40 – Halle / Saale , den 6. 9. 40“ aus. Um es ganz zu verstehen, braucht man ein wenig geschichtliches Hintergrundwissen, den dieser Beitrag zusammen mit der Besprechung dieses Dokumentes liefern soll. Methodisch möchte ich zuerst den Textteil des Dokumentes besprechen und anschließend die behördlichen formalen Zeilen ( Ämter, Betreff) und dann noch einiges zu Beneschs Studienfach „Rassenkunde“ sagen.

Das Dokument beginnt mit der Zeile:: „Der obengenannte SS - Angehörige sprach heute beim SS – Abschnitt XVIII vor und meldete:“  Benesch schildert dem stellvertretenden Führer, des SS – Abschnittes XVIII, Obersturmführer und Adjutant Blümel im Beisein des protokollierenden SS – Untersturmführer Hagener (beide haben das Dokument unterschrieben) seinen politischen und beruflichen Lebenslauf ab 1934. Er „meldet“: „als im Jahr 1934 das Problem der deutschen Christen akut geworden war, entschloss ich  mich im Kirchendienst als Pfarrer tätig zu sein.“  Er fasste diesen Entschluss deshalb, weil gegenüber dem rumänischen Staat „die Kirche die einzig staatsrechtlich fundierte Organisation des Deutschtums war, was besonders für das Schulwesen von grundlegender Bedeutung war.“  (Die Evangelische Kirche war Schulträger der Deutschen Schulen und bekam vom Rumänischen Staat nur minimale finanzielle Unterstützung. )                                                                                                
Die von Benesch erwähnten Deutschen Christen (DC) waren die rassistische  und faschistische Gruppe innerhalb der deutschen evangelischen Kirche. Sie wurden 1932 (!) gegründet. Nach der Machtergreifung gewannen die DC die Mehrheit innerhalb der Deutschen Evangelischen Kirche und sie lösten mit ihrer Gleichschaltungspolitik und dem Versuch den Arierparagraphen in die Kirchenverfassung aufzunehmen und Christen jüdischer Herkunft auszuschließen, einen Kirchenkampf aus. 1934 gründeten die Gegner dieser Kirchenpolitik die „Bekennende Kirche“. Die Deutschen Christen betrachteten die BK als Häresie und  schloss sie aus der Kirchengemeinschaft aus. Benesch versuchte diese „Glaubensrichtung“ (DC) in Siebenbürgen zu verbreiten.
                                                      
Benesch führt weiter aus, dass er bereits bei seinem Amtsantritt in Hermannstadt gegenüber der obersten Kirchenbehörde seine nationalsozialistische Einstellung offenbart habe, was den Bischofsvikar in Stellvertretung des Bischofs veranlasst habe, „schwere Bedenken gegen seine Amtseinsetzung vorzubringen.“ Bereits nach kurzer Amtszeit stand er „ aus politischen und weltanschaulichen Gründen“ in scharfem Gegensatz zu Kirchenführung. Bischof Glondys warf ihm vor: „ germanisches Heidentum zu predigen und Wotan anzubeten.“ Wegen seiner Weigerung eine „kirchliche Zwangverordnung, die das Verbot der Zugehörigkeit zur nationalsozialistischen Partei aussprach“ zu unterschreiben, wurde er, Benesch,„schließlich 1936 amtsenthoben und abgesetzt.“
         
Aus diesem Gesprächsteil geht ganz deutlich hervor, dass Friedrich Benesch zuallererst gläubiger Nationalsozialist war und sein Christentum und seinen Pfarrberuf dem völlig untergeordnete. Er vertrat insbesondere die Menschen auslesende Rassenideologie, die damals unter dem Gewand der Wissenschaftlichkeit daherkam, davon später noch etwas.
Benesch berichtet dann weiter, dass die Bauern seiner damaligen Gemeinde Birk ihm „restlos gefolgt“ waren und ihn im Kampf gegen die Kirche unterstützt hätten. Von einem Kirchenaustritt musste er ihnen aber abraten, da sonst die deutsche Schule geschlossen worden wäre. „Trotz der raffiniertesten und gewalttätigsten Versuche der Kirchenführung einen anderen Pfarrer hereinzubringen“ hätten die Bauern ihre Forderung nach seiner Wiedereinsetzung aufrecht erhalten und der Kirche im Juli 1940 ein Ultimatum gestellt, worauf die Kirche überraschender Weise nachgegeben habe,„wie ich annehme angesichts der geschichtlichen Entwicklung“.                                      

Die geschichtliche Entwicklung, die Benesch anspricht, waren die Ereignisse im Zusammenhang mit dem 2. Wiener Schiedsspruch:  Am 28.6.1940 besetzte die rote Armee das seit 22 Jahren zu Rumänien gehörende Bessarabien, das Rumänien nach einem nur 48 stündigem Ultimatum kampflos aufgab. Hiervon ließ sich die Ungarische Horthy – Regierung inspirieren, am 27. Juni 1940 forderte sie von Rumänien Siebenbürgen und traf militärische Vorbereitungen. Im Juli schaltete Hitler sich in die ungarisch – rumänischen Verhandlungen ein. Im August erwog Ungarn eine Militäraktion infolge der bisher ergebnislos verlaufenden Verhandlungen und aufgrund dieser Drohung befahl Hitler am 27. August die von deutschen Experten ausgearbeitete Grenzvariante zur Aufteilung Siebenbürgens, die am 30. August 1940 in Kraft trat. Ungarn erhielt Nord – Siebenbürgen mit den Bezirken Bistritz und Sächsisch -  Regen, Beneschs Heimat. Daher musste sich auch die Evangelische Kirche neu organisieren. Zum Generaldechanten wurde jetzt der den Deutschen Christen nahe stehende Dechant und Stadtpfarrer von Bistritz, Dr. Carl Molitoris, ernannt. Deshalb konnten jetzt die Birker Bauern die Wiedereinsetzung ihres Pfarrers Friedrich Benesch erreichen, der ja auch glücklicherweise im Juli 1940 sein „Doktorexamen“ bestanden hatte.
Mit dieser Entwicklung hatte Benesch nicht gerechnet. Er berichtet: „Ich selbst hatte mich inzwischen restlos von der Kirche getrennt und war in Halle im Juli 1939 der SS beigetreten.“ Und: „Alle meine persönlichen Wünsche und Bedürfnisse hätten mich hier festgehalten. Es wäre mir materiell und vor allem auch seelisch besser gegangen.“

Es kann sein, dass Benesch jetzt zum zweiten Mal von einer anderen zeitgeschichtlichen Entwicklung, als er gedacht hatte, eingeholt wurde. Man darf nicht vergessen, dass er kein deutscher Staatsangehöriger war, sondern einen rumänischen Pass besaß. Dieser Umstand schützte ihn vor einer Einberufung und Kriegsteilnahme. Das dritte Reich legte aber einen weitaus größeren Wert auf das „Volkstum“ als auf die Staatsangehörigkeit. ( Siehe die Umsiedlungsaktionen „Heim ins Reich“ von ca. 1 Million Volksdeutscher in den Jahren 1939 – 1940 durch das SS – Hauptamt Volksdeutsche Mittelstelle). So war es für Benesch kein Problem in Halle Mitglied  in der Allgemeinen -  SS zu werden, wenn er angab, dass er plane im „Reich“ zu bleiben. Die  Mitglieder der Allgemeinen - SS waren meist Berufstätige, die ihren Dienst in der SS freiwillig und unentgeltlich nach Feierabend versahen. Auch diese unbewaffneten Mitglieder erhielten durch ihre ca. 100.000 hauptberuflichen Führer regelmäßig eine militärische Ausbildung. Benesch musste nur  für sich und seine Frau arische Ahnen bis 1800 nachweisen,  wollte er SS -  Führer werden, musste sein Nachweis bis 1750 vorliegen. Außerdem musste er sich der SS – Rassenkommission  vorstellen. Dort wurde das „ rassische Erscheinungsbild“ des Bewerbers in Augenschein genommen, dessen körperliche Kondition und allgemeine Haltung. Hierfür gab es eine Wertskala, ein Neun – Punkte –Programm. Es wurden nur die Bewerber genommen, die eine der ersten vier Noten erhielten: „Ideale Statur“, „ausgezeichnet“, „sehr gut“, „gut“. Professor Schulz schreibt am 18. 10.1940 in seiner Beurteilung über Benesch: „Benesch vereinigt in sich bestes Erbgut und bietet rassisch eine gute Erscheinung.“  Intellektuelle Fähigkeiten wurden bezeichnender Weise bei   SS - Bewerbern nicht überprüft.                                                                                                                                  

Benesch konnte nach Eintritt in die SS als „nachgewiesener Volksdeutscher“ nun jederzeit einen deutschen Pass bekommen. Vielleicht hatte er im „Reich“ eine Karriere geplant, fürchtete aber jetzt nach Kriegsausbruch eine Einberufung zur Wehrmacht ( er war ja mit 32 Jahren im besten wehrfähigem Alter) und hatte deshalb bisher auf einen deutschen Pass verzichtet, er hatte ja Frau und die einem SS – Mann vorgeschriebenen vier Kinder. Vielleicht plante er dann, über die Volksdeutsche Mittelstelle Berlin  in seine Heimat zurückzukehren und innerhalb der „Erneuerungsbewegung“ dort eine Führungsstelle anzutreten. Die Volksdeutsche Mittelstelle war die SS – Behörde, die für die „Volksdeutschen“ (=Auslandsdeutschen) in Ost- und Südosteuropa zuständig war. Diese Behörde hatte seit ihrer Gründung 1935 immer wieder SS – Leute nach Rumänien geschickt um in der deutschen Volksgruppe nationalsozialistische Strukturen aufzubauen. Auch  die Führungsgruppe der radikalnazistischen Deutschen Volkspartei in Rumänien (DVR) um Andreas Schmidt  waren in den Jahren 1938 – 1940 nach dem vorübergehenden Verbot ihrer Partei im „Reich“ ausgebildet worden. Wir wissen nicht, was und wie Benesch geplant hat, aus einer Partei - Karriere in Rumänien konnte  nun auch nichts werden, da er nun  seit dem 30. 8. 1940 ungarischer Staatsbürger war.  Eines steht jedenfalls fest: er konnte keinesfalls als rumänischer oder ungarischer Staatsbürger in seiner Heimat der SS angehören, in beiden Fällen drohte ihm  Ausbürgerung und Landesverweis. In Rumänien war eine Zugehörigkeit zur SS erst aufgrund des „Volksgruppen – Gesetzes“ vom 20. 11. 1940 möglich, also erst zwei Monate nach dieser Vorsprache, in Ungarn, dessen Staatsbürger Benesch nun war,   erst ab 1942 aufgrund eines bilateralen Abkommens zwischen Ungarn und dem Deutschen Reich.  Über die drohende Ausbürgerung, wenn er ins ungarische Siebenbürgen zurückginge, wußte Benesch Bescheid und deshalb stellte er sich seiner vorgesetzten  SS – Dienststelle vor. Da im 3. Reich immer Spionage gefürchtet wurde, diese aber auch intensiv durch die Volksdeutsche Mittelstelle betrieben wurde, ist es möglich, dass die Akten  volksdeutscher  SS – Angehöriger wegen der für sie schwerwiegenden Gründe: Ausbürgerung und Landesverweis durch den Heimatstaat, in den SS – Behörden zu ihrem  Schutz unter der Kategorie „ SS – Bewerber“ geführt wurden. Das würde auch die Einlaufzeile des Protokolls erklären:
     

„Betr.: SS – Bewerber Dr. Friedrich Benesch, geb. am 6.7.07, 1/26“ 

Benesch schildert jetzt im weiteren Gesprächsverlauf, dass er sich nach ernster Gewissensprüfung sich entschieden habe, die ihm von seinen Bauern erwiesene Treue durch seine Treue zu erwidern und wieder ihre Führung zu übernehmen. Er musste sich selbstverständlich für sein Volk in seiner Heimat und gleichzeitig für eine große nationalsozialistische Aufgabe entscheiden, nämlich der Herausführung des politischen Lebens des deutschen Volkes in seiner Heimat aus der Kirche und seine weltanschauliche Prägung. Er erklärt: „Die nächste Aufgabe wird dabei sein, gegenüber dem fremden Staat eine rechtlich fundierte Organisationsform zu finden, die das völkische Leben unabhängig von der Kirche garantiert.“ Ausdrücklich betont er dann gegenüber seinen SS – Vorgesetzten: „Selbstverständlich hat sich in meiner durch eigene Erkenntnis und Erfahrung und eigenen Glauben gewonnenen nationalsozialistischen Weltanschauung nicht das Geringste geändert, wiewohl ich jetzt zunächst gezwungen bin, noch einmal in kirchliche Dienste zurückzukehren.“  Er erklärt weiterhin, dass seine Entscheidung, seinen Bauern Treue mit Treue zu vergelten, „unabänderlich“ sei und er würde „wenn das sein müsste, auch einen zeitweiligen Verlust der Zugehörigkeit zur SS auf mich nehmen.“

Am nächsten Tag, am 7. 9. 40, hat er einen Termin bei der Volksdeutschen Mittelstelle und bittet, diese Meldung trotzdem auf dem Dienstweg weiterzuleiten. Der Vorgesetzte, SS – Obersturmführer Blümel kommentiert diese „Meldung“ des SS- Angehörigen Benesch im Protokoll mit den Worten: „Benesch macht einen ganz ausgezeichneten Eindruck. Er meint es mit seiner Aufgabe durchaus ernst. Seine weltanschauliche Einstellung scheint vollkommen gefestigt zu sein. Sein Entschluss entspringt logischen, auf Grund der gegebenen Verhältnisse gewonnenen Erkenntnissen.“
Die Meldung wird dann auf dem Dienstwege weitergegeben: eine Ausfertigung des Protokolls erhält die 26. Standarte ( =Regiment), der wie hieraus ersichtlich,  Benesch angehörte. Die übergeordnete SS – Behörde des SS – Abschnittes XVIII Halle/Saale ist der SS – Oberabschnitt Elbe, dem wiederum die SS - Hauptämter übergeordnet waren. Für Benesch war die „Volksdeutsche Mittelstelle“ (VoMi) zuständig und das „Ahnenerbe“ aufgrund seines wissenschaftlichen,  nationalsozialistisch ausgerichteten Studienabschlusses, den er in den  den Fächern: „Vorgeschichte, Rassenkunde und Volkskunde“ erlangt hatte , wie er im Protokoll erklärt. Über alle Ämter aber regierte der Reichsführer – SS – Persönlicher Stab ( Heinrich Himmler).

Dieser schreibt durch SS – Sturmbannführer Brandt (?) am 2. 10.1940 unter dem  Aktenzeichen: „Tgb.Nr. A/2/123/40 Wa./C.“ an das Ahnenerbe Berlin, dem er als Anlage obiges Protokoll übersendet, „Der Reichsführer – SS lässt auf Dr. Benesch, der nach seiner Rückkehr aus Siebenbürgen bestimmt aufgrund seines anständigen Verhaltens wieder in die SS aufgenommen werden kann, aufmerksam machen.“ Das heißt, die SS – Führung akzeptierte Beneschs Gründe und Entscheidung und hob die Mitgliedschaft aufgrund der staatsrechtlichen Gegebenheiten auf, solange Benesch sich in Siebenbürgen aufhielt. Das Horthy – Regime hatte trotz deutschfreundlicher Politik tausende junge wehrpflichtige Deutsch- Ungarn, die der Wehrmacht oder Waffen – SS beigetreten waren,  ausgebürgert und des Landes verwiesen. Diese Praktik änderte sich erst 1942 nach dem  bilateralen Abkommen. Allein diese Gründe waren für den formalen Austritts Benesch aus der Allgemeinen – SS entscheidend, keineswegs das alte Kirchenverbot von 1936 sich politisch zu betätigen oder gar eine Gesinnungsänderung. Es fanden sich bisher keine Dokumente, die darüber Aufschluss geben, ob Benesch nach 1942 oder nach seiner Flucht aus Siebenbürgen im September 1944 einen Wiederaufnahme – Antrag an die SS gestellt hat. Im Angesicht des nahen Kriegsendes ist das auch nicht wahrscheinlich.
                                                                                                                                  
Benesch hatte auch nach seiner Rückkehr als Pfarrer nach Birk noch Kontakt mit SS – Behörden. In den Berliner -  Akten liegt  ein Schreiben des „ SS – Ahnenerbes“ vom 21. 11. 1940 ( D/B/13), unterzeichnet vom Geschäftsführer Wolfram Sievers , adressiert an Beneschs Anschrift „Birk bei Sächsisch – Regen, Ungarn“. Mit diesem Schreiben wird Benesch mitgeteilt, dass aufgrund seiner Meldung vom 6.9.40 in Halle/Saale der Reichsführer – SS angeordnet habe, mit Benesch Verbindung aufzunehmen und zu halten. Sievers freut sich: „dass sich auf unserem Arbeitsgebiet mit Ihnen vielfältige Arbeitsverbindungen ergeben“ und er würde es begrüßen: „wenn dies in Fühlungsnahme mit uns geschehen könnte und bitte dazu um Ihre Vorschläge.“ Dieses Schreiben schickt SS – Obersturmbannführer nicht direkt an Beneschs Anschrift, sondern an die Volksdeutsche Mittelstelle mit der Bitte, es auf zuverlässigem Wege an ihn weiterzuleiten. Das heißt, um Benesch Schwierigkeiten mit dem ungarischen Staat zu ersparen, wurde die Post mit Kurier übermittelt. Man vermutete also konspirative Aktivitäten der Ungarn.
Als letztes Schreiben liegt ein Brief der Volksdeutschen Mittelstelle vom 10. 6. 1941 vor, die dem Ahnenerbe mitteilt, dass Benesch jetzt in Sächsisch – Regen, Mittelgasse zu erreichen ist, privat weiterhin in Birk (Petele) und dass er zum Kreisleiter des Kreises Sächsisch – Regen ernannt worden ist.




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1 http://www.flensburger-hefte.de/uploads/tx_ttproducts/datasheet/46-DCSIN.pdf
2 https://www.hsozkult.de/journal/id/zeitschriftenausgaben-1471 Darin Tribüne: Johann Böhm: Fritz Benesch (1907-12991). Naturwissenschaftler, Anthropologe, Theologe und Politiker.(100)
3 https://anthrowiki.at/Friedrich_Benesch
4 Hans Werner Schroeder: Friedrich Benesch. Leben und Werk 1907–1991. Mayer, Stuttgart/Berlin 2007
5 https://christengemeinschaft.org/07_2benesch.html
6 Werke Beneschs in der Deutschen Nationalbibliothek: http://dispatch.opac.d-nb.de/DB=4.1/REL?PPN=101418337
7 aus: „Die Christengemeinschaft“ 7/8 1948, Verlag Urachhaus, Stuttgart
8 Friedrich Benesch, Die Festung Hutberg, eine jungnordische Mischsiedlung bei Wallendorf, Kr. Merseburg, in Preußische Staatsbibliothek, Berlin
9 Viktor Glondys, Tagebuch. Aufzeichnungen von 1933 bis 1949. Dinklage 1997
10 Glondys, S. 221
11 Glondys, S. 221
12 Das Ahnenerbe Berlin, 21. 10.1940, Akt.Z. D/B/13 aus dem Bundesarchiv Berlin, SS-Abschnitt XVIII, VI, Az 18/6.9.40
13 Glondys, S. 237
14 Glondys, S. 237
15 Glondys, S. 238
16 Glondys, S. 243
17 Glondys, S. 517
18 Selbst geschriebener Lebenslauf von Benesch am 11.7.1938 in einem Bewerbungsschreiben an das „Ahnenerbe“
19 Dr. Johann Böhm in: Halbjahresschrift für südeuropäische Geschichte, Literatur und Politik 1/2004, S. 117
20 Böhm, S. 116
21 Bundesarchiv Berlin, siehe Anmerkung 4. Alle folgenden Zitate aus diesem Dokument.
22 Buchreihe Friedrich Beneschs im Urachhaus- Verlag
23 Birk heisst rumänisch Petelea, was bei Recherchen zu beachten ist
24 in: http://www.yadvashem.org/lwp/workplace/!ut/p/.cmd/cs/.ce/7_0_A/.s/7_0_2C4/_s.7_0_A/7_0_2C4?New_WCM_Context=http://namescm.yadvashem.org/wps/wcm/connect/Yad+VaShem/Hall+Of+Names/Lexicon/en/Romania
25 aus: „Das Birker Heimatbuch“, herausgegeben von Susanne Dienesch unter Mitarbeit von Mag.Walter M. Dienesch und Natascha Salfinger – Selbstverlag 1996