Philipp der Schöne und die heutige kleptokratische Oberschicht

Trump gefällt es nicht, Opfer von Ausspähung des FSB zu sein 
Natürlich kommen einem angesichts der neuen Kleptokraten mit ihren seltsamen Verbindungen und undurchsichtigen Milliarden - nehmen wir einmal, nur so als Griff in die Kiste, Trump, Putin und Erdogan ins Visier - merkwürdige Gedanken. Beim Bedenken der Millionen von Wählern, die ihnen die Macht zu Füßen legen, wird einem sogar richtig eng ums Herz, von den fanatisierten und ideologisierten Hardcore- Anhängern zu schweigen. Hat das postfaktische Zeitalter, das diesen Kreaturen die Führung der Welt anvertraut hat, mit dem Berlusconi- TV begonnen- der Berieselung der Massen mit staatlich- kleptokratisch gelenktem Nonsens, von Putin verfeinert und im Twitter- Zeitalter auf kurze, dümmliche Lügensätze reduziert? Etwa wie sich heute Trump, angesichts angeblicher neuer russischer Sex- Skandalberichte, als Opfer wie in "Nazi Germany" gerierte?

Liegt es an der Ideen- und Perspektivlosigkeit der Nachfahren der Altachtundsechziger, die ihren Idealismus im Alter mit Phrasen und schönen Pensionen zu Grabe getragen haben? Liegt es an der Verlogenheit einer Politik - sei es in der EU oder unter Obama- die sich in schönen Gesten und Symbolen erschöpft? Liegt es an der Infantilisierung einer jüngeren Generation, deren seelisch- geistige Bannung durch personalisierte Smartphone- Technik zu einem nie zuvor gekannten Narzissmus geführt hat, zu Selfietum, Veganismus und plattestem Self Fullfilment? Liegt es an der Naivität und Fahrlässigkeit einer Nachkriegsgeneration, die den europäischen Gedanken vertändelt hat und eine Technik wie das Internet als Hoffnungsträger auf globalisierte Informationsfreiheit und Toleranz wie eine Monstranz vor sich hergetragen hat- ohne genau hinzuschauen, als die Finanzmärkte eben diese Technik nutzten, um sich von jeder Kontrolle und realen Beziehung zur Arbeit von Menschen loszureißen - und eben die Entstehung einer neuen weltweiten, amoralischen Kleptokratie mit Reichtümern zu ermöglichen, die sich jetzt die Welt -Macht einfach so pflücken kann, als wäre sie ein überreifer Apfel am Baum der modernen Gesellschaften?

Irgendwo dazwischen würde die Wahrheit liegen, falls es noch eine gäbe. Philipp der Schöne, der auch schon mit surrealer Propaganda gegen Tempel und Juden vorging und unwahrscheinliche Reichtümer hortete- hier ein älterer Artikel über Rudolf Steiners Sicht auf ihn im Egoistenblog - , würde seine wahre Freude an dieser Gegenwart haben: „Die Juden bekamen das zu spüren, die er vertrieb, um sich ihr Vermögen anzueignen. Auch die Templer: An die Anklage gegen sie – Ketzerei und Homosexualität - hat er selber wohl nicht geglaubt. Ihm ging es um den vermuteten Reichtum des Ordens.Und dennoch: Als Erneuerer seines Staates war Philipp seiner Zeit weit voraus.“ (dito) Während Philipps Ziel war, sich des damaligen internationalen Finanzmarktes - vertreten durch Handelswege und Templer- zu bemächtigen, um eine Art staatlicher Ordnung im Sinne des französischen Königstums zu etablieren, die auch das Papsttum in Schach hielt, sind die ideologischen Positionierungen der heutigen Kleptokraten wohl eher vorgeschoben, um die Massen in Schach zu halten. Weder wird Donald Trump Amerika durch puren Isolationismus wieder groß machen, noch wird Putin den Panslawismus - eine Art Reaktivierung der Steppen und des Mythos Dschingis Khan, den er ideologisch durch Alexander Dugin propagieren lässt - ernsthaft verfolgen, auch wenn es heißt: „Putin ist Dschingis Khan mit Internet“ Quelle Die Welt 

Nicht einmal Erdogan, der sich in ähnlichen Paläste, Gold - Mausoleen und Prunkstätten wie Putin und Trump inszeniert, wird sich primär als großmächtiger Vertreter des neuen Osmanischen Großreichs sehen. Vielmehr kooperieren die heutigen Kleptokraten vor allem mit vorhandenen Machtstrukturen, die sie vorfinden - sei es der "Islamische Staat" oder russische Verbrecherorganisationen - und miteinander. Die Allianz zwischen Putin, Trump und Erdogan ist ideologie- übergreifend, ja post- ideologisch. Die vorgebrachten Großmacht- Phantasien erscheinen demgegenüber eher zweitrangig oder haben einen nicht fassbaren, hybriden Charakter: „Putin will einen zerbrochenen Spiegel zusammenkleben, in dem Versatzstücke aus Zarenreich, Orthodoxie und Großmachtchauvinismus mit kommuno-faschistischen Elementen ein wunderliches Hybrid bilden. Sein „Experte“, der Eurasier Alexander Dugin, hat die „Volksrussen“ erfunden, die man heim ins Reich holen muss, aber mitsamt der Gebiete, in denen sie leben.“ (Die Welt, s.o.)

Ähnlich wendig wird wohl Donald Trump vorgehen, der selbst, wenn es ihn nicht gäbe, als Polit- Entertainer, Skandalnudel und Sammelbecken der medial ins intellektuelle Nirvana Getriebenen, erfunden werden müsste- ein Widerspruch in sich, ein persönlich und politisch angreifbarer, aber eben unterhaltsamer Kandidat, der es schafft, nahezu täglich globale Aufmerksamkeit zu erlangen; ein Schwarzes Loch der Aufmerksamkeits- Erregung. In ihrem unstillbaren Narzissmus sind sich die goldenen Kandidaten der internationalen Kleptokratie bemerkenswert ähnlich. Wahrscheinlich sind sie durchaus ersetzbar- wenn auch nicht ohne Drama. Wahrscheinlich sind sie Vertreter einer neuen, globalisierten Schicht, die sich letztlich in jeder Hauptstadt zu Hause fühlt, in der sie an den Strömen der enthemmten Finanzmärkte partizipieren und ihre spezifische, superreiche Klientel zufrieden stellen können.