Scaligeros wundersamer Yoga, androgyne Sonnenalchemie und Faschismus
Schon früher haben wir in diesem Blog darüber berichtet, dass nicht viel über die Vergangenheit des anthroposophischen Esoterikers Massimo Scaligero bekannt wäre, hätte nicht Peter Staudenmaier über ihn geforscht und publiziert (1). So berichtete Staudenmaier kritische Aspekte wie Scaligeros frühe Tätigkeit als Journalist für die faschistische Presse in den 1930er Jahren und seine explizit rassistischen und antisemitischen Schriften während der faschistischen Ära, z.B. in der Zeitschrift "La difesa della razza". Wir werden unten weiter darauf eingehen.
Deutlich versuchte Scaligero, in späteren Werken (wie "Dallo yoga alle rosacroce") eine Rechtfertigung und Umdeutung seiner Aktivitäten zu betreiben, doch seine enge Verbindung zu Julius Evola und die gemeinsame intellektuelle und esoterische Entwicklung im Kontext des italienischen Faschismus ist bekannt, auch wenn sie bis heute von Anhängern, insbesondere in Italien, bestritten wird. Bedenklich erscheint auch die Verknüpfung von Esoterik, Anthroposophie und spezifisch römischem Rassismus in Scaligeros Werk, auch mit dem Ziel, eine Brücke zwischen deutschen und italienischen faschistischen Ideologien zu schlagen.
In der traditionellen unkritischen Rezeption, die insbesondere im anthroposophischen Umfeld betrieben wurde, gab es eine entscheidende Bruchstelle in Scaligeros Entwicklung: Dies war sein Gefängnisaufenthalt am Ende des Zweiten Weltkriegs. Dort entwickelte er eine konkrete Meditations - Methode, die die Anthroposophie Rudolf Steiners nicht mehr als bloße Lehre, sondern als innere Heilung verstand. Scaligero vereinnahmte das biblische Saulus- Paulus- Muster, um seine persönliche geistige Wiederauferstehung im Nachkriegs- Italien zu inszenieren.
Scaligero strebte ohnehin eine „Synthese aller seiner vorherigen esoterischen Erfahrungen“ an. Diese bezogen sich auch auf die „Magia Sexualis“ (2) und das Erleben einer „Natur, die das Ich mit sich reisst“. Nach seiner inneren Wende 1945 sah Scaligero seinen Weg in der „Erlösung des Eros“ durch ein „gereinigtes Denken“ (2). Scaligeros „Gralsweg“ führte ihn in das „Herz der Erde“, wo er eine geistige „androgyne Wiederherstellung“ suchte, um seine menschliche Seele vom Eros zu befreien. Dieser Prozess mündete für ihn in einer „Auferstehung des Fühlens“, einer Art „Sonnen-Alchemie“, in der der Eros im „Mittelpunkt des Herzens“ von „begehrender Hitze“ befreit auferstand.
Die Verbindung zu Evola
Ein zentraler Aspekt für das Verständnis Scaligeros ist seine Beziehung zu Julius Evola, den er mit 20 Jahren kennenlernte und als „Urbild von Kraft und Mut“ (2) und als Lehrer betrachtete. Evola, ein überaus umstrittener Vordenker auch für die moderne Rechte und Faschisten, der sich gegen die liberale Gegenwartskultur wandte, und den „Weg des Yoga und des Tantra“ (2) verfolgte. Evola verfolgte eine magische Metaphysik und experimentierte mit Drogen und sexuellen Ritualen. Schon in den 1920ern war Evola Anhänger der Gruppe UR, die magische Rituale zur okkulten Unterstützung der faschistischen Bewegung in Italien nutzte. Er pflegte auch Verbindungen zu Aleister Crowley. Seine Bücher propagierten eine „kriegerisch geordnete politische Hierarchie“ im Sinne des Cäsarentums und der „imperialen Idee der Hohenstaufen“. Evola fand im nationalsozialistischen Deutschland Anhänger, insbesondere durch seine Behauptung, die Dekadenz der Gegenwartskultur sei durch eine „barbarische semitische Woge“ bedingt. Er versuchte, für die SS einen okkult-ideologischen Unterbau zu schaffen und trat vor SS-Offizieren auf, ohne jedoch wesentlichen Einfluss zu gewinnen. Dennoch sah Evola die SS weiterhin als ideellen Kriegerorden an. Seine antisemitischen Theorien wurden 1943 zur offiziellen Rassentheorie Italiens, und Evola war an der Ausrufung der faschistischen Republik von Salò beteiligt.
Aber auch Massimo Scaligero verfolgte und propagierte, allen späteren Beschönigungen zum Trotz, eine rein faschistische Ideologie. Dies wird in heute wieder verfügbaren Texten wie "La Razza di Roma" (3) von Massimo Scaligero deutlich. Ich habe das Buch im italienischen Original durch Google Gemini übersetzen und analysieren lassen, um Scaligeros Rassentheorie greifen zu können.
Das Buch "La Razza di Roma" (Die Rasse Roms) von Massimo Scaligero, veröffentlicht im Jahr 1940, glorifiziert die Ursprünge, Entwicklung und den Charakter der römischen „Rasse" aus einer metaphysischen und traditionellen Perspektive. Scaligero behauptet in dem Buch, dass die römische Identität nicht nur biologisch, sondern vor allem spirituell und kulturell begründet sei. Er hebt die einzigartige Synthese verschiedener kultureller und ethnischer Elemente hervor, die Rom zu einer dominierenden Kraft in der westlichen Zivilisation machte.
Betrachten wir die Inhalte des Pamphlets in ihrem Verlauf:
1. Le origini (Die Ursprünge)
Scaligero beginnt mit der Vorstellung, dass die rassische Einordnung nicht nur wissenschaftliche, sondern auch spirituelle, ethische, kulturelle und traditionelle Aspekte berücksichtigen müsse. Er sieht eine zentrale Korrelation zwischen Blut und Geist, Rasse und Kultur. Das Problem der Rasse ist für ihn eng mit den Ursprüngen, der Evolution und dem Verfall von Zivilisationen verbunden.
Scaligero postuliert die Existenz einer klar definierten italienischen Rasse, die er als „reine Tochter der alten römischen, lateinischen Rasse“ bezeichnet und die den Westen beherrsche. Scaligero führt die Hypothese zweier ursprünglicher Rassen ein: eine negroide, die sich von Südamerika bis Südafrika und Australien erstreckte, und eine finnisch-asiatische, die von Europa bis Nordasien und Nordamerika reiche. Aus der Vermischung dieser beiden Rassen soll eine dritte, überlegene Rasse entstanden sein – die „nordische“ Urrasse, deren Ursprung in der arktischen Region, dem mythischen Hyperborea, verortet wird.
Geologische Studien und Mythen untermauern für ihn die Annahme einer einstigen Landbrücke zwischen Amerika und Europa im arktischen Raum, die später durch Eiszeiten zerstört worden sein soll. Diese Katastrophe zwang die nordische Rasse zur Migration, insbesondere in den Atlantikraum (Atlantis). Hier vermischte sich die nordische Rasse mit der „atlantisch-nordischen“ Rasse, was zur Entstehung der Cro-Magnon- Menschen in Europa führte. Diese Cro-Magnon- Menschen werden als Begründer der westlichen Zivilisation angesehen.
Scaligero betont, dass die „atlantische“ Kultur eine Tradition von Weisheit und Heldentum an die atlantisch-nordische Rasse weitergab, die sich mit anderen Völkern vermischte. Er unterscheidet zwischen der atlantischen Thule und der hyperboreischen Thule, wobei letzteres als der höchste spirituelle Mittelpunkt der Menschheit, die „heilige Insel“ schlechthin, angesehen wird. Dieser arktische Ursprung der weißen Menschheit wird im polaren Symbolismus von Agartha, dem spirituellen Zentrum der Welt, ausgedrückt.
Ein zentrales Thema ist der Dualismus von „Solar“- und „Lunar“-Kulturen. Die „Solar“-Rassen, die kriegerische und männliche Autorität verkörpern, werden den „Lunar“-Rassen gegenüber gestellt, die priesterliche und matriarchalische Autorität repräsentieren. Scaligero sieht die römische Zivilisation als eine vollkommene Synthese dieser beiden Pole. Die ägyptische Zivilisation wird als Hüterin einer „solaren“ Tradition beschrieben, die sie von der „roten Rasse“ aus dem Westen erbte, noch bevor semitische Einflüsse sie veränderten.
2. Mondo romano e mondo latino (Römische und lateinische Welt)
Dieses Kapitel vertieft die Idee der „römischen Rasse“ als Trägerin des archaischen mediterranen Erbes und der „solaren Tradition“. Scaligero betont, dass die italienische Geschichte die Kontinuität eines übermenschlichen Impulses zeigt, der über individuelle Bestrebungen hinausgeht und das „Genie der Sippe“ darstellt. Die rassische Zusammensetzung Italiens habe sich über Jahrtausende kaum verändert, was auf eine „tiefe und aktive Vernunft“ zurückzuführen sei, die durch die Tradition und ein unverwechselbares ethnisches Element (Blut) bewahrt wurde.
Das römische Reich wird als Ausdruck dieser „römischen“ und „mediterranen“ Idee der Zivilisation dargestellt, die die verschiedenen Völker des Mittelmeerraums vereinte. Der Sieg über Karthago symbolisiert für Scaligero den Triumph der westlichen, heroischen und „solaren“ Prinzipien über die „matriarchalischen“ und „dunklen Kräfte der Natur“ (3) des Ostens. Caesar wird als Inkarnation des reinen westlichen Helden und als perfekter Typus des römischen Imperators dargestellt, der priesterliche und kriegerische Macht in sich vereint hätte. Die „Aeternitas“ Roms und des Imperators sei Ausdruck einer metaphysischen Realität, die über Zeit und Raum hinausgehe.
Das Kapitel hebt hervor, dass der römische Geist nicht primär durch seine schriftlichen oder philosophischen Werke geprägt sei, sondern durch Taten, die die Geschichte Roms zum„überhistorischen“ Ereignis gemacht hätte. Eben dies offenbare nach Scaligero die metaphysische Dimension der Rasse.
3. Razza e cultura (Rasse und Kultur)
Scaligero behauptet, dass das rassische Erbe eine natürliche Gegebenheit sei, die jedoch durch eine höhere, spirituelle Kraft aktiviert werden müsse, um sich in Aktion und Schöpfung zu manifestieren. Rassismus wird hier als eine „Spannung der kontinuierlichen Überwindung des biologischen Erbes“ (3) verstanden. Der Duce (Mussolini) wird als die Personifizierung dieses Strebens dargestellt, der die Nation zu ihrer ursprünglichen Würde zurückführen und eine neue „römische“ Generation formen will.
Zur Formung der Rasse werden die Arbeiter in den Dienst der Nation gestellt und ihre Rechte und Pflichten dem Bedarf der Nation entsprechend definiert. Die faschistische Erziehung wird als Wiederherstellung der familiären Werte und der wahren „römischen Mutter“ beschrieben, die Reinheit und Fruchtbarkeit verkörpern soll. Die Frau soll als „Gefährtin“ und „Mutter“ ihre wahre Identität finden, abseits von „exotischem Aphroditismus“ und „Feminismus“, die als zersetzende Kräfte angesehen werden.
Jugend wird als zentrale Kraft der rassischen Erneuerung betrachtet, die durch Disziplin, Glauben und Kampfbereitschaft zu einer „totalen Miliz“ geformt werden soll. Dies führe zu einer „kriegerischen Jugend“, die dem Chaos des modernen Materialismus widersteht. Scaligero kritisiert den Intellektualismus, der sich angeblich in abstrakten Theorien verliere und die Verbindung zur realen, handelnden Welt verliert.
4. Universalità: Missione della Razza di Roma (Universalität: Mission der Rasse Roms)
Scaligero postuliert, dass die römische Rasse eine universelle Idee in sich trage, die in Zeiten politischer Konstruktion Völker und Rassen vereine und in Krisenzeiten als verborgenes Erbe fortbestehe. Er unterscheidet zwischen einem „Nationalismus“, der auf bloßen territorialen oder wirtschaftlichen Interessen beruht, und einem „Supernationalismus“, der auf transzendenten Prinzipien basiert und den Geist einer hierarchischen, qualitativen Einheit widerspiegele.
Dieser römische Universalismus wird als eine Kraft dargestellt, die verschiedene Rassen zu einer einzigen, überlegenen Rasse formt, ohne dabei ihre Essenz zu verfälschen. Dies wird von Scaligero als ein „alchemistisches Wunder“ gepriesen und beschworen, das den „Lapis Philosophicus“ (Stein der Weisen) des Westens symbolisiert. Kritiker, die den römischen Universalismus als Widerspruch zum Rassismus sehen, werden als solche identifiziert, deren „Blut nicht römisch ist“ (3) und die sich gegen die Macht des römischen Geistes aufzulehnen wagen.
5. Antigiudaismo come antimaterialismo (Antijudaismus als Antimaterialismus)
In diesem kontroversen Kapitel wird der Antisemitismus Scaligeros als eine notwendige Reaktion auf den Materialismus und die „zersetzenden Kräfte“ der jüdischen Tradition dargestellt. Scaligero behauptet, dass das Judentum, im Gegensatz zur römischen Idee, eine „nationalistische“ Prägung habe, die, ohne eine eigene Heimat zu besitzen, international agiere und sich durch „List und subtile Aktion“ zu Lasten anderer Völker bereichere, wobei „Intelligenz (im rationalistischen Sinne) und Geld“ als Hauptinstrumente dienen würden.
Scaligero argumentiert, dass die jüdische Rasse, nachdem sie den Kontakt zu einer „höheren Spiritualität“ verloren habe, sich auf das rein Physische und das „Blut“ als einziges Erbe beschränke. Diese „Herabsetzung“ führe zu einem „blinden, sinnlichen und irdischen Rassismus“, der bekämpft werden müsse. Er unterscheidet die alte, als edel angesehene, ägyptisch-persische und „solare“ Initiation von der späteren, „verfallenen“ jüdischen Tradition, die sich von dieser höheren Weisheit abgewandt habe.
6. Formazione della razza (Formung der Rasse)
Dieses Kapitel artikuliert Scaligeros Ansichten in Bezug auf die konkrete „Formung“ der Rasse durch politische und geistige Interventionen. Scaligero betont erneut, dass die biologische Vererbung nur die äußere Erscheinung der Rasse darstelle; das Wesentliche sei die „Metaphysik“ oder „hyperzoologische“ Komponente, die durch den Geist geformt werde. Rassismus wird hier als ein „kontinuierliches Überwinden des biologischen Erbes“ und als „plastische Kraft“ des Geistes verstanden, die die Qualitäten der Rasse anhebt und modifiziert.
Mussolini wird von Scaligero als treibende Kraft dieser rassischen Erneuerung dargestellt, der durch seine „Worte“ und „Taten“ den „Geist der Rasse“ weckt. Die „Carta del Lavoro“ und die demographische Politik werden als Instrumente zur Stärkung der Rasse und zur Verbesserung ihrer physischen und moralischen Bedingungen genannt. Die faschistische Erziehung ziele darauf ab, einen „römischen“ und „italischen“ Typus zu schaffen, der die Werte des Glaubens, Gehorsams und Kampfes verkörpere.
Die Familie und die Rolle der „römischen Mutter“ werden als grundlegend für die Rassenzucht betrachtet. Die Frau soll ihre wahre Identität in der Mutterschaft und der Treue zum Mann finden, während „Feminismus“ als eine dekadente Abweichung verurteilt wird. Die Jugend wird wiederum als die „militarisierte“ und „heroisch-tragische“ Generation beschrieben, die die Zukunft des Reiches sichern soll.
7. Tradizione e destino di Roma (Tradition und Schicksal Roms)
Dieses abschließende Kapitel fasst die zentralen Thesen des Buches zusammen. Scaligero behauptet, dass die „Tradition“ der Schlüssel zum Verständnis des Schicksals Roms sei. Diese Tradition sei eine „unvergängliche spirituelle Kontinuität“, die über historische und kulturelle Veränderungen hinausgehe. Die römische Rasse sei nicht einfach ein biologisches Produkt, sondern eine Schöpfung des Geistes, die durch Rituale, Opfer und metaphysische Einsicht geformt werde.
Scaligero betont, dass das „römische“ Ideal nicht an eine bestimmte geographische oder ethnische Gruppe gebunden ist, sondern ein „typologischer“ Wert sei, der durch die überhistorische Physiognomie eines Menschentyps bestimmt werde. Die römische Typologie müsse sich dennoch immer wieder neu beleben . Es sei eine Frage der „inneren Konfiguration“, die ein tiefes Erbe, eine „übermenschliche“ Formungskraft, in sich trage. Die rassischen Werte, die von Scaligero in dieser Art beschrieben werden, besäßen eine ethische und übermaterielle Qualität- ja, die „Tradition“ Roms wird als eine unerschöpfliche Quelle von Weisheit und Macht dargestellt, die selbst den Aufstieg und Fall von Reichen überdauere. Der Duce wird als derjenige gefeiert, der diese „übermenschliche Wahrheit“ wieder ans Licht bringt und die römische Rasse zu einer neuen Ära der Macht führe.
Hintergrund und Kontext zum spirituellen Rassismus Scaligeros
Das Buch ist im faschistischen Italien von 1940 entstanden, einer Zeit, in der rassische Theorien und der Kult um das antike Rom eine zentrale Rolle in der nationalen Ideologie spielten. Scaligeros Werk ist in den esoterischen und reaktionären Strömungen verwurzelt, die im Italien jener Zeit, oft im Umfeld von Julius Evola, an Einfluss gewannen. Man sollte Scaligeros Ausführungen im historischen Kontext zu sehen und die rassistischen und antisemitischen Inhalte kritisch zu bewerten. Das Buch spiegelt die Position eines nah des Machtzentrums in Rom agierenden faschistischen Handlangers dar, der die ideologischen Tendenzen der Rassisten nicht nur widerspiegelt, sondern versucht, eine „spirituelle“ Rechtfertigung für autoritäre und nationalistische Ideologien zu finden und wahrscheinlich auch konkreten Einfluss sucht. Peter Staudenmaier widmet das achte Kapitel seiner Dissertation "Between Occultism and Fascism: Anthroposophy and the Politics of Race and Nation in Germany and Italy, 1900-1945" ab Seite 446 den „italienischen Anthroposophen und den faschistischen Rassengesetzen von 1938 bis 1945“. Er untersucht dabei insbesondere die Rolle von drei zentralen Persönlichkeiten: Massimo Scaligero, Aniceto del Massa und Ettore Martinoli. (4)
Staudenmaier zeigt auf, dass diese Anthroposophen maßgeblich zur „faschistischen Rassenkampagne“ und zum sogenannten "spirituellen Rassismus" beitrugenhre Beteiligung umfasste sowohl theoretische Beiträge zu einer esoterischen Rassentheorie als auch praktische Maßnahmen bei der Umsetzung der faschistischen Rassenpolitik. Die wichtigsten Aspekte, die Staudenmaier ab Seite 446 über diese Figuren und ihre Rolle im italienischen Faschismus schreibt, sind:
Der Kontext der faschistischen Rassengesetze: Staudenmaier betont, dass der italienische Faschismus im Gegensatz zum deutschen Nationalsozialismus erst ab 1938 eine offizielle antisemitische Politik entwickelte. Dies schuf einen dynamischen Kontext, in dem sich verschiedene Strömungen des Rassismus, einschließlich des spirituellen Rassismus, entfalten konnten.
Spiritueller Rassismus als radikalisierte Form des Antisemitismus: Die genannten Anthroposophen vertraten eine Form des Rassismus, die über rein biologische Definitionen hinausging und die "spirituelle" Dimension der Rasse betonte. Dies führte jedoch nicht zu einer milderen, sondern oft zu einer „radikalisierten Form des Antisemitismus“. Sie sahen die "jüdische Gefahr" nicht nur als biologisches, sondern vor allem als „spirituelles und metaphysisches Problem“, das die "arische" oder "römische" Seele bedrohte. Scaligero (Antonio Massimo Sgabelloni) wird als eine der prominentesten Figuren des italienischen Anthroposophie und Esoterik des 20. Jahrhunderts beschrieben, dessen Rolle im faschistischen Rassismus oft geleugnet oder herunter gespielt wurde. Er begann bereits in den frühen 1930er Jahren für die faschistische Presse zu schreiben, unter anderem für "Critica Fascista" und "Gioventù Fascista". Scaligero propagierte - so Staudenmaier- eine "faschistische Spiritualität" und sah in der faschistischen Revolution eine "Wiederauferstehung der spirituellen Werte der Rasse".
Scaligeros Hauptwerk "La Razza di Roma" (1939) verbindet den Kult der "Romanità" mit der arischen Mythologie und postuliert eine Vereinigung nordischer und mediterraner Rassen im römischen Volk, um eine überlegene Zivilisation zu schaffen. Er war ein vehementer Antisemit, der Juden als "subhumane ahrimanische Kräfte" und als "Rasse gegen den Geist" bezeichnete. Er forderte eine "radikale Bekämpfung des Weltjudentums" und sah den Zweiten Weltkrieg als einen "Rassenkonflikt" zwischen dem "arischen Geist" und dem "jüdischen Geist".
Scaligero vertrat eine eliminatorische Form des Antisemitismus, die die "Beseitigung des jüdischen Virus" und die "biologische Reintegration arischer ethnischer Werte" forderte. Er argumentierte, dass die faschistische Rassenkampagne nicht weit genug ging und eine "rücksichtslose Bekämpfung" der Juden als "tiefe spirituelle Verantwortung" anzusehen sei. Seine Schriften erschienen häufig in der berüchtigten Zeitschrift "La Difesa della Razza", wo er zu den produktivsten Autoren zählte.
Staudenmaier zeigt , dass der spirituelle Rassismus dieser Anthroposophen mit der nationalsozialistischen Rassenlehre kompatibel war, insbesondere in Bezug auf die Betonung der arischen Rasse, die Ablehnung des "jüdischen Geistes" und der angeblichen Notwendigkeit einer "biologisch-spirituellen" Reinheit. Sie sahen den Faschismus und Nationalsozialismus als politische Verkörperung ihrer spirituellen Ziele.
Zusammenfassend stellt Staudenmaier dar, dass diese italienischen Anthroposophen (4) nicht nur theoretische Beiträge zum faschistischen Rassismus leisteten, sondern auch aktiv an dessen praktischer Umsetzung beteiligt waren. Ihre spezifische Form des „spirituellen Rassismus" war eine radikale und eliminatorische Ideologie, die sich nahtlos in die faschistischen Ziele einfügte und die Verfolgung von Juden in Italien maßgeblich unterstützte.
_____________________Bezüge und Verweise
1 Staudenmaiers Dissertation "Between Occultism and Fascism: Anthroposophy and the Politics of Race and Nation in Germany and Italy, 1900-1945" (2010, Cornell University). Dieses Werk ist eine umfassende Untersuchung und behandelt Scaligero detailliert, insbesondere im Kapitel "Italian Anthroposophists and the Fascist Racial Laws, 1938-1945", Seiten 446–499. Diese Dissertation ist online verfügbar.
2 Zitate übersetzt aus M.S., Dallo yoga alle rosacroce
3 https://archive.org/details/scaligero-massimo.-la-razza-di-roma-1940_202107
4 Stichworte zu den Personen Aniceto del Massa:
* Del Massa, ein weiterer Anthroposoph und Kunstkritiker, war ebenfalls aktiv in der faschistischen Bewegung und im esoterischen Zirkel um Julius Evola.
* Er war der Herausgeber des Bulletins "Il problema ebraico" der "Centers for the Study of the Jewish Problem", die ab 1941 gegründet wurden, um antisemitische Propaganda zu verbreiten.
* Del Massa sah den "jüdischen Virus" als die Wurzel des Übels in der Welt und forderte dessen "Bekämpfung und Eliminierung". Er rechtfertigte "Hass auf den Feind" als spirituell notwendig, um das "jüdische Elend" zu zerstören.
* Er war aktiv an der **Identifizierung jüdischer Bürger** beteiligt und forderte die italienische Polizei zu aggressiveren Maßnahmen auf. Seine Publikationen enthielten Listen von Juden, die später bei Verhaftungen und Deportationen verwendet wurden.
* Del Massa blieb auch während der Republik von Salò (RSI) ein überzeugter Faschist und war an geheimen Operationen zur Verteidigung des Regimes beteiligt.
Und Ettore Martinoli:
* Martinoli, Anwalt aus Triest und Gründungssekretär der Anthroposophischen Gesellschaft in Italien, war ein **aktiver Faschist** von den Anfängen der Bewegung an.
* Er war der Gründer und Direktor des "Centro per lo Studio del Problema Ebraico" in Triest, das eng mit Giovanni Preziosi und deutschen Beamten zusammenarbeitete.
* Martinoli verfasste zahlreiche **aggressiv antisemitische Artikel**, die die "globale jüdische Verschwörung" und den "jüdisch-freimaurerischen Einfluss" anprangerten.
* Er sah Mussolini und Hitler als "geniale Persönlichkeiten", die die "arische Zivilisation gerettet" hätten.
* Sein Zentrum in Triest sammelte aktiv Daten über jüdische Einwohner, die später von deutschen Kräften bei der Deportation der Juden aus Triest genutzt wurden. Staudenmaier hebt hervor, dass Martinolis Arbeit eine "entscheidende Funktion bei der Ausführung der deutschen Pläne" spielte.
* Martinoli war bis zum Ende des Regimes in der faschistischen Rassenbürokratie tätig und wurde nach dem Krieg wegen Kollaboration verurteilt.