Der weite, schöne Garten des Ich bin
Der erste Teil des Buchs ist noch ein Fließtext, der als Einführung für den Interessierten gelesen werden kann, ein Text, der als Information gelesen und verstanden wird. Man hat das so, auch in der verwendeten Bildsprache, schon öfter von ihm gehört. Hier ist es nun komprimiert und in eine gewisse Systematik gebracht. Einer wie ich, der ihn kennt, wird an diesem Punkt etwas ungeduldig.. das kenne ich, ja, das hat er oft gebracht, hier macht er einen Sprung. Ich fragte mich an dieser Stelle, ob das ganze Buch nur eine Transkription und Verdichtung von Live– Vorträgen wäre. Aber so ist es nicht. Der Prosa– Text endet traditionell und gekonnt, und plötzlich setzt ein lyrisches, fragmentarisch wirkendes Kreisen in jeweils wenigen Sätzen ein. Da wird dem Leser die führende Hand des informellen Textes weggenommen, und man steht vor etwas, was man eigentlich nur selbst aktiv und meditativ mitvollziehen kann. Die Denkbewegungen werden weiter und größer. Dabei stellt jede Seite eine in sich abgeschlossene Meditation dar, die zugleich verknüpft ist mit dem davor und dem, was folgt. Aber man kann und will natürlich da nicht einfach hindurch gehen, sobald man einen Hauch von dem verspürt, um das es hier geht– um das Ich bin, das Intimste und zugleich Allgemeinste des Menschen. Man steht plötzlich in einem weiten, schönen Garten, voller verschiedener reifer Früchte, die zur Ernte einladen. Aber, freilich, auch in einem Garten des offenbaren Geheimnisses. Wer darauf nicht vorbereitet oder nicht willens ist, wird informell konstatieren: Aha, eine Art Gebet.
Natürlich wird dem Leser bemerkbar werden, schon im ersten Schritt des Meditations- Weges, dass viele Referenzen abgeleitet zu sein scheinen aus dem Neuen Testament:
I am without beginning and end
but all things begin and end in Me.
Aber abgesehen von der puren Schönheit der sprachlichen Wendung, sind das die Schlüsselworte des Logos selbst– nicht nur Referenz, sondern frisch geschöpft. Es ist das Eintrittstor für den folgenden meditativen Rundgang durch den Garten. Es ist wichtig, das zu wissen und zu sagen, dass hinter diesem Tor die Pilgerwege enden, auch die, die weder religiös noch mystisch angelegt sind, da hier das Pilgern aufhört und der Dialog beginnt. Das liegt daran, dass das vorher in sich befangene, haftende Bewusstsein sich an diesem Punkt seiner selbst gewahr wird und damit die vollständige Transparenz des Verstehens in sich realisiert– ein Akt der Selbst– Realisation, der nicht mehr verloren gehen oder vergessen werden kann, obwohl es schwer sein mag, diesen Punkt wieder aufzufinden. Mag er auch wieder überwuchert werden, weiß man doch, dass es ihn gibt.
Die Unverborgenheit - die Aletheia- ist der Schatz, den man unter allen Umständen mit sich und in sich trägt, nicht nur als Schlüssel, sondern als Essenz des eigenen Seins.
Rupert Spira aber ist schon weitergezogen, ohne einen Blick zurück zu werfen:
I have no name
but am called by all names
I have no form
but all form indicates me
I have no origin
but am the origin of all things
I am without division
but all divisions exist in Me
Und so kommt er schon im dritten Schritt zur Erfahrung der Transparenz des Erkennens selbst:
I am the knowing with which all things
are known
Wer ihm bei diesen ersten und die folgenden Schritten durch den wundersamen Garten folgen möchte, der möge dieses kleine, kostbare Buch erwerben.