Renate Riemeck- Die anthroposophische Historikerin und ihre gefälschten Entnazifizierungs- Unterlagen

Ich traf Renate Riemeck Anfang der Neunziger mehrmals auf einem Seminar in einer anthroposophischen Studienstätte- vor allem nach den eigentlichen Vorträgen und Seminaren zum Thema anthroposophischer Geschichtsdeutung hielt sie Hof, stets umgeben von einer großen Traube vor allem junger Anhänger. Wie umstritten Riemeck war, wusste ich damals noch nicht, hatte sie doch ungefiltert Material des umstrittenen anthroposophischen Historiker Karl Heise in Büchern verwendet, um ihr historisch alternatives Bild von Mitteleuropa (1) - ein Buch, das zu dieser Zeit durch Taschenbuchausgaben im Fischer- Taschenbuch-Verlag erhebliche Popularität erlangt hatte- zu entwerfen. Heute wäre das wohl eher eine Sache für den stramm rechten Perseus- Verlag. Renate Riemeck hatte auch eine offenkundige und ausgeprägte Schwäche: wie heute viele der populistischen Hobby- Historiker liebte sie die Aufmerksamkeit der Menge und pflegte dann zumindest dick aufzutragen, um nicht zu sagen, zu fabulieren- solange das Gesagte zumindest sensationell wirkte. Heute kann man sich eine solche Anhänger- Meute, die den Narzissmus bedient, via YouTube generieren; in den vergangenen Jahrzehnten musste man noch durchs Land reisen, um die Geistesperlen unters Volk zu werfen.

Als ehemalige Anti- Wiederbewaffnung- Demonstrantin, geschasste Dozentin und Ziehmutter von Ulrike Meinhof war Renate Riemeck nicht im Verdacht, dem rechten Spektrum zu entstammen, ganz im Gegenteil. Sie war schließlich aktive Politikerin, Publizistin und Mitbegründerin der Deutschen Friedensunion -ein Vorläufer der heutigen Grünen-, eine Kämpferin gegen die Atomwaffen- Aufrüstung des Westens im Kalten Krieg, ja eine Protagonistin der Außerparlamentarischen Opposition. So jemand wie sie wurde in den 70er und 80ern aus dem Staatsdienst entlassen und erhielt ein Verbot, als Dozentin zu lehren. 

Über die heutigen rechtslastigen Protagonisten eines freien Europas wäre sie wahrscheinlich eher entsetzt gewesen, auch wenn sie die eine oder andere verschwörungstheoretische Erklärung der Einflüsse auf Europa und die Ursprünge des Ersten Weltkrieges selbst vertrat- oder doch der typisch anthroposophischen Agenda entnahm. Schließlich hatte sie ihr Examen in Jena in den letzten Jahren des 2. Weltkrieges unter Tieffliegerangriffen gemacht, während ihre akademischen Freundinnen mit dem Judenstern herum laufen mussten. (2) In einem Interview mit Alice Schwarzer (3) erzählte sie aus dieser Zeit: „Eigentlich hatte ich auch das Kriegsende schon eher erwartet, nach dem Untergang der 6. Armee. Aber es dauerte dann ja doch noch ein Jahr und ein halbes Jahr dazu, bis es endlich soweit war. Als dann die amerikanischen Soldaten vor Jena standen und, obwohl die deutschen Soldaten alle weg waren, noch anfingen zu ballern - da bin ich denen entgegen gezogen und habe gesagt: Sie brauchen nicht mehr zu schießen! Kurz vorher war ich mit einem Bettlaken in der Aktentasche runtergegangen in die Stadt und hatte es zusammen mit einem Vorarbeiter als weiße Fahne auf dem Hochhaus der Zeiss-Werke gehißt. Mein Bettlaken. Das war mein schönstes Kriegserlebnis!“ Und natürlich wusste Riemeck, wie alle, von der systematischen Ermordung der Juden: „Von dem Ausmaß habe ich erst später erfahren. Ich wusste aber, dass sie alle nach Auschwitz geschickt und dort auch umgebracht wurden. Das hat mich natürlich geprägt. Ich habe 1945, kurz vor dem Zusammenbruch, zufällig gesehen, wie Leute aus dem KZ Buchenwald auf der Landstraße von Weimar nach Jena getrieben wurden. Ich sehe diesen ganzen Zug von Elendsgestalten noch heute vor mir... Damals sagte ich leise zu den KZlern: Es dauert nicht mehr lange, es dauert nicht mehr lange. Und ich habe mir geschworen: Nie in meinem Leben werde ich etwas gegen diese Menschen sagen oder sogar tun.“ (3)

In ihren Erinnerungen (2) schreibt sie auch über die Umstände, denen sie zu der Zeit der Aktivität Ulrike Meinhofs in der Roten Armee Fraktion unterworfen war: „Im Frühjahr 1970 rief ihre Schwester Wiebke mich an, um mir von dem Steckbrief zu berichten, der überall aushing. Ich hielt den Atem an und ahnte nichts Gutes. Von der politischen Hetzjagd, die nun begann, waren alle Freunde Ulrikes betroffen, und erst recht ich. Daß Kriminalbeamte mich im Morgengrauen in meiner Eppenhainer Wohnung aufsuchten und verhörten, war nur eines der vielen hektischen Unternehmen, mit denen die Verfolgung der „Baader- Meinhof- Bande“ begann. Ulrikes Verhaftung erfolgte am 15. Juni 1972 (..). Während ihrer Gefangenschaft in Hamburg und Stammheim lehnte sie jeden Kontakt mit mir ab. Und ich verstand, warum sie das tat. Ich hätte an ihrer Stelle nicht anders gehandelt und die Konfrontation mit einem Menschen aus einer besseren Vergangenheit gemieden.“ Aber dass Renate Riemeck ihre Ziehtochter Ulrike nie mehr gesehen hat, war und blieb wohl dennoch eine offene Wunde, über die sie auch in dem Gespräch mit Alice Schwarzer berichtet. Auch der Spiegel bezieht sich in seinem Nachruf 2003 auf Riemecks öffentlichen Appell an Meinhof, den Terrorismus aufzugeben- was wohl der eigentliche Anlass für den persönlichen Bruch gewesen sein wird. (4)

Aber, wie oben angedeutet, hatte Renate Riemeck im anthroposophischen Rahmen auch sehr esoterische Seiten. In den abendlichen Runden des Seminars erzählte sie - auch sie emotional bewegt von der Vision eines zukünftigen geistvollen Russlands der kommenden Kulturepoche - von einer Anfrage aus politischen Kreisen Moskaus, wie mit einer ganzen Gruppe hellsichtiger, blauäugiger Geistseher umzugehen sei bzw wie sie ein solches, wachsendes Phänomen einschätzen würde. Riemeck sah darin die ersten Anzeichen eines neuen, spirituellen Russland, von dem Rudolf Steiner doch gesprochen habe und das die Welt verändern werde. Sie behauptete, sie sei persönlich von der damaligen russischen Regierung eingeladen worden, diese spirituelle Angelegenheit wachsender Gruppen spirituell erwachter Russen zu begutachten und sei zu diesem Zweck auch durch Russland gereist, mit einer ganzen Delegation russischer Fachleute. Ich selbst habe ein halbes Leben lang gerätselt, was Riemeck da gemeint haben, was sie veranlasst haben könnte, solche Geschichten zu verbreiten. Wahrscheinlich waren es die glühenden Augen der männlichen Jung- Anthroposophen mit dünnen Bärtchen, die sich um die alternde Riemeck drängten und hungrig nach frischen, immer dramatischeren Erzählungen und immer glorioseren Selbstdarstellungen waren. Dass Riemeck eine gnadenlose Opportunistin gewesen ist, wird in den noch folgenden Fakten zu ihrer Vergangenheit deutlich.

Aber es gibt auch einen Anlass für die Gossen- Historien aus dem Mund der Eso- Historikerin Riemeck: In einem Buch des russischen TV- Manns Peter Pomerantsev (5) wird zumindest von einer russischen Groß- Sekte berichtet, die heute, wie diverse Dokumentationen zeigen, auch für Siedler aus Deutschland attraktiv geworden ist. Es handelt sich um die  Sekte des ehemaligen Postangestellten Vissarion aus Krasnodar, der sich für den wiedergekehrten Christus hält. Die Sekte wurde Anfang der 90er im Rahmen einer Kolonie namens „Wohnsitz der erwachten Stadt“, abgelegen in den Bergen an der Grenze zur Mongolei begründet und besteht bis heute. Die 4500 Anhänger leben in selbst gebauten Holzhütten, Stunden des Fußmarsch von jeder Straße entfernt- was sich heute durch die stetig fliessenden Gelder geändert haben mag. Die Anhänger leben fleischlos und abstinent von Alkohol, in vollkommener Autonomie. Auch Pomerantsev bestätigt: „and they all have clear, crystal blue eyes and powerful shoulders and look ten years younger than their actual age.“ (S. 179) Selbstverständlich erwarten sie die Apokalypse und leben auf bergiger Höhe, um den kommenden Wasserfluten zu entgehen. Der Sektengründer ist absoluter göttlicher Herrscher, für den ein eigenes Weihnachtsfest gefeiert wird. In dem von hingeschriebenen eigenen Neuen Testament werden alle Religionen der Welt integriert, so dass sich eine Art „Collage“ der Religionen ergibt. Der Alltag der Erwachten schwankt dann auch von transzendentaler Meditation bis Derwisch- Tanzen am Nachmittag. Vissarion bewohnt das am höchsten gelegene Haus und kommt an Weihnachten (d.h. seinem Geburtstag) herab zu den Anhängern, gewandet in lila Umhängen, um Fragen zu beantworten. Man glaubt an Reinkarnation, die allerdings überwunden werden soll, um ganz in die Vollkommenheit einzugehen.

Diese Sekte ist so typisch in ihrer apokalyptischen Egozentrik und ihrem Gurutum, dass sie nicht einmal besonders tauglich ist für die von Esoterik strotzenden TV- Programme des neuen, putinesken Russland. Auch wird in ihr kaum die von Riemeck postulierte Hoffnung auf das Kommende - diese spezifische Heilserwartung, die in Russland Selbstbildern vollkommen mit Steiners Prophetie übereinstimmt- erfüllt werden. Das ist nicht das Geistselbst- Bewusstsein, das ist eine ordinäre Sekte. 

Dennoch mag mancher einer radikal engagierten, offenherzigen und politisch aktiven Frau wie Renate Riemeck den einen oder anderen Fauxpas verzeihen. Eine solche bodenständige Unbequemlichkeit verträgt ein paar unscharfe Stellen. Die Frage ist nur, wie viele? 

Die Heise - Karte wird auch heute noch von rechtspopulistischen anthroposophischen Kreisen wie dem Perseus- Verlag (6) weiter verbreitet, in Bezug auf Äußerungen Rudolf Steiners, dass bestimmte Logen- Kreise bereits im 19. Jahrhundert eine Zertrümmerung Mitteleuropas geplant hätten: „Was Sie hier auf dieser Karte sehen, ist nun nicht irgend etwas, womit ich im geringsten, ich sage es noch einmal, jemanden beeinflussen will, sondern womit ich nur sagen will, dass dies als eine Art Gestaltung Europas – für mich deutlich zurückführbar bis in die neunziger, achtziger Jahre – in gewissen okkulten Gemeinschaften gelehrt worden ist. Warum man dort die künftige Gestaltung Europas so ansah, welche Gründe man dafür hatte, das wurde immer auch ausgeführt. Es wurde ausgeführt, in welcher Weise und auf welchem Wege – selbstverständlich galten vernünftige Gründe – man für Europa eine solche Gestaltung wünschte. Davon wollen wir dann morgen sprechen, meine lieben Freunde. Ich will nur noch erwähnen, dass ich Ihnen nichts irgendwie Ausgedachtes bringe, sondern etwas weitergebe, was in vielen Köpfen als wirksamer Impuls lebte – als etwas, was man herbeiführen müsse, worauf man alle Kräfte dirigieren müsse, damit es herbeigeführt werden könne.“ (Zitiert nach 6) Die „anglo- amerikanischen Kreise“ hätten Kriege des 20. Jahrhunderts zu diesem Zweck - nämlich der „Weltbeherrschung“ als Mittel eingesetzt. Schon 1966 sah Die Zeit (7) Renate Riemeck in diesem Kontext in der Nähe einer „Gossenhistorie“: „Was die Autorin den Scharlatanen voraus hat, ist ein breites, wenn auch oft kurioses und abseitiges historisches Wissen und die Gabe flüssiger, ja oft dramatischer Darstellung. Was sie jedoch vom großen Gelehrten trennt, ist die oft monomanische Besessenheit von dann nicht durchgeführten und nur auf Verdacht geäußerten „Geheimnissen“ und „Verschwörungen“ in der Geschichte, die ihre Analyse nur zu oft in die unmittelbare Nachbarschaft der Gossenhistorie rückt.“ Da steckt die anthroposophische historisch- politische Argumentation zu weiten Teilen bis heute.

In einer Überschau über die Meinhof- Biografie Jutta Ditfurths hat Hans- Jürgen Bracker vor rund 15 Jahren bei den Egoisten geschrieben: 

"Allem Anschein nach muss das Bild einer weiteren anthroposophischen Persönlichkeit hinsichtlich ihrer Biografie während der NS-Zeit revidiert werden: In ihrem Buch (8) befasst sich Jutta Ditfurth u.a. mit Ulrike Meinhofs Zieh- bzw. Pflegemutter Renate Riemeck (1920-2003). Bislang galt die Historikerin Riemeck, einst jüngste Professorin an einer deutschen Hochschule, als linke Friedensaktivistin in den 50er und frühen 60er Jahren, die auch noch Anthroposophin war. In ihrer Autobiografie (die ich nicht gelesen habe) hat sie sich und Ulrike Meinhofs Eltern wohl als Gegner des Nationalsozialismus dargestellt. 

Ditfurth hingegen, seit langem als vehemente Anthroposophie- Kritikerin bekannt, schildert Riemeck als verlogen. Die folgenden Zitate entstammen diversen Interviews bzw. Rezensionen des Buches. (9) 

(Interviewer:) "... dass Ulrike Meinhofs Vater kein christlicher Widerständler war, sondern ein leidenschaftlicher Nazi, dass ihre Pflegemutter, Renate Riemeck, früher mal eine Leitfigur der westdeutschen Friedensbewegung, dass sie im Nazi-Regime eine stramme Universitätskarriere gemacht hat." 

(O-Ton Ditfurth:) "Und dann gibt es diese Renate Riemeck, die die eigene Vergangenheit leugnet, ihre Entnazifizierungs- Unterlagen fälscht und der Transmissions- Riemen zur Familie Meinhof ist. Das heißt, der jungen Ulrike Meinhof die Legenden, die Mythen vermittelt, sie stamme aus einer antifaschistischen, christlichen Familie. Das klärt sich erst in den 60er Jahren auf, als Ulrike Meinhof auch schon längst aus vielen anderen Gründen getrennt ist von dieser tyrannischen Pflegemutter, die fälschlicherweise den Ruf hatte, ganz besonders fortschrittlich und eine ganz besonders tapfere Frau gewesen zu sein, sondern die oft in ihrem Leben gelogen hat." (10)

(O-Ton Ditfurth) "Nehmen Sie mal Renate Riemeck, Ulrike Meinhofs Pflegemutter. Ihre eigene Nazi- Vergangenheit hat sie geleugnet, allen Biografen hat sie stets erzählt, die Meinhofs seien christliche Widerstandskämpfer gewesen, Ulrikes Vater habe sich den Faschisten verweigert. Falsch. Werner Meinhof war eifriges Mitglied der NSDAP, als Museumsdirektor in Jena hat er 1937 über 270 Kunstwerke für die Ausstellung "Entartete Kunst" ausgeliefert, darunter fast das gesamte grafische Werk Ernst Ludwig Kirchners. Zeitzeugen müssen oft ihr eigenes Handeln besser darstellen, sich für die Nachwelt selbst rechtfertigen." (11)

„Nach dem Tod von Ulrikes Mutter 1949 übernahm sie die Mutterrolle für die Schwestern Wienke und Ulrike, obwohl Herzenswärme keine ihrer Stärken war. In der Nazi-Zeit hatte die ehrgeizige Frau sich als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Nationalsozialistischer Studentinnen profiliert, und sie bewährte sich als rechte Hand des Direktors vom Historischen Seminar Jena: des antisemitischen Rassen- Hygienikers und Obersturmbannführers Johann von Leers." (Tagesanzeiger 28.12.2007)

"Entgegen ihrer sehr vagen Autobiographie "Ich bin ein Mensch für mich" (1992), war Riemeck nicht sehr widerständig, sondern sogar Mitglied der NSDAP. Sie studierte bei den Rasseforschern Karl Astel und F. K. Günther und arbeitete als Assistentin bei Johann von Leers, der nicht bloß SS-Obersturmbannführer war, sondern als Professor den Antisemitismus auch noch wissenschaftlich begründen wollte. [...] Inwieweit Riemeck in ihrer Oppositionspolitik von Ostberlin beeinflusst oder gar gelenkt war, ist nach wie vor unklar. So wie Riemeck den Widerstand nachholte, den sie in der Nazizeit unterlassen hatte, holte Meinhof erst als Journalistin und dann als Terroristin die Revolte gegen ihre Ziehmutter nach. Die mochte Pädagogikprofessorin sein und sich heldenmütig gegen den übermächtigen CDU-Staat Konrad Adenauers erhoben haben, zu Hause war sie tyrannisch, untersagte der Ziehtochter Liebesbeziehungen und gab später gerne deren Mann Klaus Röhl das letzte Wort." (Südd. Ztg. 25.11.2007)

"Riemeck leugnete, dass sie jemals ein Nazi gewesen war, aber Ditfurth hat in den Archiven nachgeforscht und herausgefunden, das Riemeck einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Partei 1941 gestellt hat. Ihre Mitgliedsnummer war 8915151." (Göteborgs Posten, 10.11.2007)

"Renate Riemeck übernimmt dann für Ulrike und ihre Schwester die Pflegschaft. Diese couragierte Frau, Deutschlands jüngste Professorin, in der SPD gegen die Wiederbewaffnung engagiert und später in der Friedensbewegung aktiv, habe ihre eigenen Entnazifizierungs- Unterlagen gefälscht, so Ditfurth. Sie sei ebenfalls NSDAP-Mitglied gewesen - dass sie Juden geholfen habe, sei nirgends nachzuweisen." (ZDF, Aspekte v. 16.11.2007)

Riemeck "habe als ehemaliges NSDAP-Mitglied «gleich zweimal ihre Entnazifizierungs- Unterlagen gefälscht», sagt die Biografin Ditfurth. - Und zu Hause hätten Anstand und Ordnung geherrscht. So habe Riemeck den ersten Freund von Ulrike Meinhof nicht geduldet, weil der nur Steinmetzlehrling war." (ddp, 23.11.2007)

Da habe sich in den 50er und 60er Jahren die Legende von der NS-Gegnerin Riemeck verfestigt - die einstmals jüdischen Opfern geholfen habe. "Meine Recherchen sagen: Davon ist kein einziger Fall wahr." Die Riemeck habe in Jena zwischen 1940 und 1945 die ehrgeizige Historikerin gegeben, die die "Nähe zu den faschistischsten Lehrmeistern" gesucht habe; ja, sie sei 1943 für hohe Positionen im besetzten Ausland vorgeschlagen worden.Auch gebe es Belege, dass sie beim Nahen der Roten Armee ihre Entnazifizierungs- Unterlagen gefälscht habe. Wiederum sei die Riemeck für Ulrike (Jahrgang 1934) eine "enorm ehrgeizige, tyrannische Pädagogin" gewesen. "Sie hat 1949 bis 1955 unter der Fuchtel von Renate Riemeck furchtbar gelitten." Auch habe sie Ulrike in punkto Familie "die Hucke vollgelogen und ihr Mythen über die tollen Meinhofs erzählt"." (Thüringische Landeszeitung 25.11.2007)

(O-Ton Ditfurth:) "Renate Riemeck hat ihr Leben lang soviel gelogen, daß sie als Zeugin auch hier [nicht durchdachte Konsequenzen der Baader-Befreiung, hjb] ausfällt. Bis ans Ende ihres Lebens hat sie ihre NS-Vergangenheit verschwiegen und die Lüge verbreitet, sie habe Juden geholfen. Ihre Biographie mußte ich auch erst einmal neu recherchieren, immer hat man ihr geglaubt." (taz, 4.12.2007)

"Manchen mag erstaunen, dass sogar bei der Pflegemutter Renate Riemeck ihr Leben eingeschränkt war. Erste Liebeserfahrungen wurden von der Pflegemutter, wenn dies nicht in ihr Welt- und Sittenbild passte, rigoros durch strikte Verbote beendet. Viele die bisher sehr wenig über die DFU-Frau Renate Riemeck wussten bekommen hier ein erschreckendes Bild einer Frau geboten, die sehr zielbewusst nur das eigene Erfolgsprojekt namens Riemeck vorantreibt, ohne Rücksicht auf Verluste." (www.scharf-links.de 20.11.2007)

Inwiefern Jutta Ditfurth einseitig Quellen interpretiert und Renate Riemeck über Gebühr negativ darstellt, kann ich nicht beurteilen. Aber die recherchierten Fakten muss man wohl nicht anzweifeln. (..)"


____________________Verweise


1 Renate Riemeck, Mitteleuropa, Bilanz eines Jahrhunderts. Verlag die Kommenden, Freiburg im Breisgau

2 Renate Riemeck, Ich bin ein Mensch für mich. Aus einem unbequemen Leben

3 http://www.emma.de/artikel/raf-1989-wie-war-das-den-50ern-264466

4 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-27163366.html

5 Peter Pomerantsev, Nothing is true and everything is possible. The surreal heart of the new Russia

6 http://www.perseus.ch/PDF-Dateien/Zertruemmerung_0610.pdf

7 http://www.zeit.de/1966/09/nebel-ueber-mitteleuropa

8 Ulrike Meinhof. Die Biografie." Ullstein Verlag, Berlin 2007, 478 Seiten

9 Die meisten davon waren auf Jutta Ditfurths Homepage http://www.jutta-ditfurth.de/ulrike-meinhof/Reaktionen.htm nachzulesen

10 dlf-Interview mit Jürgen König, 29.11.2007

11 Interview im Stern, 8.11.2007